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Ansprüche des Verbrauchers im Rahmen des Abgasskandals

|   Vertragsrecht

(LG München, Urteil vom 14.04.2016 – Az: 23 O 23033/15 -)

Viele VW Kunden überlegen sich, ob sie aufgrund des Einbaus der „Mogelsoftware“ Ansprüche gegen den Händler (ihr Vertragspartner) oder den Hersteller geltend machen können.
 
Einige Kunden haben den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass dem Händler eine etwaige Täuschungshandlung zugerechnet werden müsste. Dies ist nur in Ausnahmefällen zu bejahen, etwa dann, wenn das Autohaus gesellschaftsrechtlich mit dem VW Konzern verbunden ist.
 
In den übrigen Fällen dürfte eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung ausgeschlossen sein. Dem Autohaus vor Ort ist das Wissen der Ingenieure des VW Konzerns nicht zuzurechnen.
 
Dem Kunden bleiben gegebenenfalls Gewährleistungsansprüche gegen das Autohaus.
 
Gewährleistungsansprüche setzen einen Mangel voraus. Dieser dürfte im Hinblick auf die manipulierte Software vorliegen. Gegebenenfalls müsste zu dieser Frage in einem gerichtlichen Verfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.
 
Zu beachten ist, dass vor der Geltendmachung weiterer Ansprüche etwa auf Rücktritt oder Minderung dem Verkäufer die Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben werden muss. Es muss ihm eine angemessene Frist gesetzt werden. Wird derartiges verabsäumt, so scheiden jedenfalls in der Regel weitergehende Ansprüche aus. Gleiches gilt, wenn eine zu kurze Frist gesetzt wird. Nach landgerichtlichen Urteilen ist selbst eine 3-Wochen-Frist nicht ausreichend.
 
Ist die Nacherfüllung fehlgeschlagen bzw. nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt, so ist der Kunde mit weiteren Problemen konfrontiert. Ein Rücktrittsrecht steht ihm nur dann zu, wenn der Mangel erheblich ist. Die Nacherfüllungskosten müssten mehr als 5 % des Kaufpreises ausmachen. Hier gibt es bereits Urteile, die das Rücktrittsrecht des Käufers mangels Erheblichkeit verneint haben. Allerdings muss auch diese Frage gegebenenfalls durch einen Sachverständigengutachten geklärt werden.
 
Bereits aus diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass die Geltendmachung von Ansprüchen gegen das Autohaus, welches das manipulierte Fahrzeug verkauft hat, mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden ist. Man muss sich dieses Kostenrisikos bewusst sein, zumal Rechtschutzversicherer Deckungsanfragen ihres Versicherungsnehmers wegen einer mutwilligen Rechtsverfolgung bereits versagt haben. Hier gibt es allerdings bereits positive Urteile von Gerichten zugunsten des Versicherungsnehmers, die einen Anspruch des Versicherungsnehmers gegen seine Rechtschutzversicherung zugebilligt haben (vgl. Landgericht Essen, Urteil vom 18.05.2016, AZ: 18 O 68/16).
 
Eine weitere Problematik besteht in der Tatsache, dass Ansprüche gegen den Verkäufer eines Neufahrzeuges in der Regel in 2 Jahren nach Übergabe verjähren. Eine längere Verjährungsfrist gilt bei arglistigem Verhalten, was dem Autohaus nur in den seltensten Fällen nachgewiesen werden kann.
 
Ob parallel zu den Ansprüchen gegen den Verkäufer Ansprüche gegen den Hersteller bzw. die dort handelnden Personen bestehen, muss abgewartet werden. Die Strafverfahren dauern noch an.
 
TIPP: Angesichts einer derzeit noch unklaren Rechtslage, müssen Verbraucher sehr genau abwägen, ob sie das Risiko einer Auseinandersetzung eingehen. Ein Zuwarten kann allerdings zur Folge haben, dass Ansprüche verjähren.
 
 
 
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Dr. Patrik Eckstein, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und für Versicherungsrecht, gerne zur Verfügung.

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