Detail

Beratungspflichten einer Bank bei Abschluss eines strukturierten Darlehens

|   Newsletter 01/2018

(BGH, Urteil vom 19.12.2017 – AZ: XI ZR 152/17; ZIP 2018, 264 ff.)

Die Klägerin, eine Gemeinde, vereinbarte mit der Beklagten, einer im Bereich der Kommunalfinanzierung tätigen Bank, im Jahr 2007 zu Refinanzierungszwecken ein Darlehen in Höhe von rund 3,0 Mio. €. Hinsichtlich der Zinsen vereinbarten die Parteien eine Koppelung an den Wechselkurs des EURO in Schweizer Franken (CHF).
 
Sofern der Wechselkurs größer/gleich 1,43 CHF ist, beträgt der Darlehenszins 3,99% p.a.; ist der Wechselkurs kleiner 1,43 CHF, beträgt der Darlehenszins 3,99 % p.a. zzgl. 50% der Wechselkursveränderung, welche nach einer vertraglich vereinbarten Methode zu berechnen ist.
 
Eine Begrenzung des variablen Zinssatzes im Falle einer negativen Wechselkursentwicklung enthielt der Darlehensvertrag nicht. In der Folgezeit entwickelte der sich der Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro negativ, so dass der Zinssatz zuletzt 18,99 % p.a. betragen hätte.
 
Dem Abschluss des Darlehensvertrags zur Refinanzierung gingen mehrere Gespräche zwischen den Parteien voraus, in denen die Beklagte verschiedene Möglichkeiten der Umstrukturierung des Darlehensportfolios der Klägerin – u.a. im Wege des vereinbarten Darlehensvertrags mit der an den Wechselkurs EUR/CHF gekoppelten Zinssatz – darstellte. Einen Hinweis darauf, dass diese Zinsvereinbarung keine Zinsobergrenze enthielt, erteilte die Beklagte vor Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht.
 
Die Klägerin machte mit ihrer Klage u.a. die Rückzahlung der von ihr geleisteten Zinsen i. H. v. insgesamt rund 1,0 Mio € geltend und stützte ihren Anspruch – neben der behaupteten Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags – auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten. Die Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen und die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Revision führte zu Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
 
Von Interesse sind insbesondere die Ausführungen des BGH zu den Beratungspflichten der Bank im Falle einesFinanzierungsberatungsvertrags.
 
Der BGH geht im Anschluss an die Vorinstanzen davon aus, dass zwischen den Parteien ein Finanzierungsberatungsvertrag zustande gekommen ist. Zum Umfang der Beratungspflichten der Bank führt der BGH aus, dass im Falle eines Finanzierungsberatungsvertrags von der Bank zu prüfen ist, „ob die empfohlene Finanzierung als ein für den Darlehensnehmer geeignetes Finanzierungsinstrument anzusehen war und ob die Bank den Darlehensnehmer über die spezifischen Nachteile und Risiken der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend aufgeklärt hat“. Dabei hängen Inhalt und Umfang der Beratungspflichten von den Umständen des Einzelfalls ab. Allerdings sind die Grundsätze zu den Aufklärungspflichten im Falle eines Anlageberatungsvertrags auf den Fall eines Finanzierungsberatungsvertrags nicht übertragbar.
 
Hinsichtlich der Zinsvereinbarung führt der BGH sodann aus, dass sich diese Aufklärungspflicht insbesondere auf die Auswirkungen des Fehlens einer Zinsobergrenze erstreckte, die die Beklagte anhand des Szenarios einer nicht nur unerheblichen Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro hätte hinreichend klar erläutern müssen. Dieser Pflicht ist die Beklagte u.a. deshalb nicht nachgekommen, da durch die vor Vertragsschluss verwendete Präsentation der Beklagten der Eindruck entstanden ist, dass die Gefahr eines unbegrenzten Zinsrisikos eher fernliegend und nur theoretisch sei.
 
TIPP: Diese Entscheidung macht deutlich, dass einer Bank auch bei der Gewährung von Darlehen Aufklärungs- und Beratungspflichten obliegen können, jedenfalls sofern sie mehrere Finanzierungsmöglichkeiten anbietet. Zudem stellt der BGH heraus, dass auf spezifischen Nachteile und Risiken der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend deutlich hingewiesen werden muss; insbesondere dürfen diese Nachteile und Risiken nicht durch die Darstellung der Chancen verschleiert werden.
 
Um die Risiken einer Finanzierung sachgerecht einschätzen und begrenzen zu können, sollte – sowohl auf Seiten des Darlehensnehmers als auch auf Seiten der finanzierenden Bank, insbesondere mit Blick auf etwaige Beratungspflichten –frühzeitig fachkundiger Rat eingeholt werden. Sprechen Sie uns gerne an.
 
 
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Patrick Steinhausen, LL.M., gerne zur Verfügung.

Zurück