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Der Vermieter des Erblassers kann Bestellung eines Nachlasspflegers zum Zwecke der Geltendmachung seines Räumungsanspruchs gegen die unbekannten Erben des verstorbenen Wohnraummieters verlangen.

|   Erbrecht

Dem steht nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist.

(Kammergericht Berlin, Beschluss vom 02.08.2017 – AZ: 19 W 102/17 – ErbR 2017, 739- 740 -)

Die Entscheidung betrifft den nicht seltenen Fall, dass der Mieter einer Wohnung verstirbt und der Vermieter, dessen Interessenlage auf eine möglichst schnelle Räumung der Wohnung und Neuvermietung gerichtet ist, keinen Ansprechpartner hat, weil die Erben des verstorbenen Mieters unbekannt sind.

In diesem Fall hat er jedoch die Möglichkeit, beim Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers zu beantragen. Rechtsgrundlage hierfür sind die Bestimmungen der §§ 1960 und 1961 BGB. Nach § 1960 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht u. a. dann, wenn der Erbe unbekannt ist, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann es dazu insbesondere für den noch unbekannten Erben einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen. Nach § 1961 BGB muss das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird. Im konkreten Fall war Grundlage der vom Vermieter geltend gemachte Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 BGB.

Das Nachlassgericht hatte den Antrag des Vermieters auf Bestellung eines Nachlasspflegers zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Vermieter Beschwerde, der das Kammergericht Berlin stattgegeben hat.

In der Begründung seiner Entscheidung führt das Kammergericht aus:

Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen ist, sind erfüllt. Die Erben sind unbekannt. Ferner hat der Beteiligte in seiner Eigenschaft als Vermieter die Bestellung eines Nachlasspflegers "zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet" beantragt. Denn es geht ihm darum, seinen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 BGB gegen den Nachlass durchzusetzen.           

Entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts steht der Anordnung nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist. Der Senat folgt der Auffassung des OLG München und des OLG Zweibrücken. Beide Oberlandesgerichte weisen zutreffend daraufhin, dass die Anordnung der Nachlasspflegschaft unabhängig von diesen Umständen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1961 BGB zwingend zu erfolgen hat. Dass es sich insoweit um Zahlungsansprüche handelt, ist nicht erforderlich. § 1961 BGB greift vielmehr auch für die Geltendmachung des Anspruchs des Vermieters aus § 546 Abs. 1 BGB ein. Zu Recht führt das OLG München ferner aus, dass die Bestellung eines Nachlasspflegers nicht zur Folge haben muss, dass die Räumung der Wohnung auf Staatskosten erfolgt. Denn es kann ein Nachlasspfleger bestellt werden, der gemäß § 1980 BGB für die unbekannten Erben einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen oder die Dürftigkeitseinrede nach §§ 1990, 1991 BGB erheben kann.
 
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt JR Dr. Manfred Birkenheier, Fachanwalt für Erbrecht, gerne zur Verfügung.

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