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Eine zur Pflichtteilsergänzung verpflichtende Bereicherung des Erben aus dem Vermögen des Erblassers kommt auch bei Übernahme von Darlehenszinsen für ein als Gesamtschuldner aufgenommenes Darlehen in Betracht. Durch die Übernahme der Zinsleistungen d

|   Erbrecht

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.03.2018 – Az.: IV ZR 170/16 – FamRZ 2018, 775- 777)

In dieser Entscheidung des BGH geht es um die Frage, ob ein Pflichtteilsberechtigter einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch daraus herleiten kann, dass der Erblasser zu Lebzeiten die Zinsen gezahlt hat, die für ein von ihm und seiner Ehefrau gemeinsam aufgenommenes Bankdarlehen zur Finanzierung eines Hausgrundstücks angefallen sind, dessen hälftige Miteigentümer die Ehegatten waren.
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch setzt nach § 2325 Abs. 1 BGB voraus, dass der Erblasser zu Lebzeiten einem Dritten, der auch der Ehegatte sein kann, eine Schenkung (unentgeltliche Zuwendung) gemacht hat. Dann kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der Wert des verschenkten Gegenstandes dem am Todestag hinterlassenen Nachlass hinzugerechnet wird.
Dass ein Pflichtteilsergänzungsanspruch aufgrund von Zinszahlungen des Erblassers auf ein gemeinsames Darlehen grundsätzlich entstehen kann, hat der  BGH in dieser Entscheidung bejaht.
Der Erblasser war mit der Beklagten in zweiter Ehe verheiratet. Die Kläger waren seine beiden Söhne aus erster Ehe. Die Beklagte hatte der Erblasser durch Testament zu seiner  alleinigen Erbin eingesetzt und damit die Söhne enterbt, sodass diese Pflichtteilsansprüche geltend machen konnten.
Der Erblasser und seine zweite Ehefrau hatten ein Einfamilienhaus errichtet, zu dessen Finanzierung beide ein Bankdarlehen in Höhe von 250.000,00 DM aufgenommen hatten. Das Grundstück, auf dem das Einfamilienhaus errichtet wurde, stand ursprünglich im Alleineigentum des Erblassers. Dieser übertrug im Jahre 1997 einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz als im Vertrag so bezeichnete "ehebedingte Zuwendung" auf die Beklagte. Ehebedingte Zuwendungen sind im Erbrecht nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich wie Schenkungen zu behandeln.
Der Erblasser verstarb im Dezember 2009. Am Tage seines Todes stand die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank noch in Höhe von ca. 108.000,00 € offen; der Wert des Hausgrundstücks belief sich am Todestag des Erblassers unstreitig auf rund 200.000,00 €; nach Abzug der Verbindlichkeit belief sich der Wert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erbfalls somit auf rund 92.000,00 €. Bis dahin waren auf das Darlehen Tilgungsleistungen in Höhe von rund 19.700,00 € sowie Zinszahlungen in Höhe von knapp 113.000,00 € von einem Konto des Erblassers erfolgt.
Die Kläger machten mit ihrer Klage Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die Beklagte geltend, wobei sie sowohl die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück als auch die Hälfte der geleisteten Darlehensraten als Schenkungen ansahen. Das zuständige Oberlandesgericht wies in der Berufungsinstanz unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Forderung nach Pflichtteilsergänzung zurück, soweit diese auf den Zahlungen des Erblassers auf das Darlehen beruhten und gab der Klage nur wegen der Übertragung des hälftigen Miteigentums auf die Ehefrau statt. Hiergegen richtete sich die Revision der Kläger zum Bundesgerichtshof, die dieser für teilweise begründet erklärte.
Soweit die Kläger einen Pflichtteilsergänzungsanspruch aus den vom Erblasser erbrachten Tilgungszahlungen von rund 19.700,00 € herleiteten, hat der BGH einen solchen Anspruch verneint unter Hinweis darauf, dass durch diese Tilgungszahlungen der am Todestag des Erblassers bestehende Wert des Hausgrundstücks infolge entsprechender Verringerung der Darlehensbelastung bereits erhöht wurde, sodass die Tilgungszahlungen dem Nachlass nicht ein zweites Mal als Schenkung hinzugerechnet werden konnten.
Im Gegensatz hierzu habe das Berufungsgericht jedoch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen der vom Konto des Erblassers geleisteten Zinszahlungen nicht ablehnen dürfen. Denn eine Bereicherung der Beklagten aus dem Vermögen des Erblassers komme auch durch die Zinszahlungen in Betracht. Die Beklagte und der Erblasser hafteten für das gemeinsam aufgenommene Darlehen und damit auch für die damit verbundenen Zinsen als Gesamtschuldner. Mit den Zinszahlungen des Erblassers wurde daher anteilig auch eine Schuld der Beklagten erfüllt, da diese zur Hälfte der Finanzierung des hälftigen Miteigentumsanteils der Beklagten an der Immobilie dienten. Durch die entsprechende Verringerung ihrer Verbindlichkeiten wurde deren Vermögen vermehrt, falls die vom Konto des Erblassers erfolgten Zahlungen nicht durch Leistungen der Beklagten oder den Erwerb eines Anspruchs gegen diese ausgeglichen wurden. Insoweit komme daher eine Schenkung des Erblassers i. S. d. § 2325 BGB in Betracht, und zwar in Höhe der Hälfte der von ihm geleisteten Zinszahlungen, die der Finanzierung des hälftigen Miteigentums der Beklagten dienten.
Insoweit ergaben sich allerdings noch mehrere zu klärende Rechtsfragen, sodass dem BGH eine abschließende Entscheidung nicht möglich war. Deshalb hat er zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und zur Beantwortung der von ihm aufgezeigten weiteren Rechtsfragen das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.    
 
 
Für Fragen auf dem Gebiet des Erbrechts steht Ihnen Herr Rechtsanwalt JR Dr. Manfred Birkenheier, Fachanwalt für Erbrecht, gerne zur Verfügung.

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