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Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters

|   Insolvenzrecht (s. auch Sanierungsrecht)

(BFH, Urteil vom 26.09.2017 – AZ: VII R 40/16, NZI 2018, 117 -)

In diesem Urteil hatte sich der BFH mit der Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer nach der Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters zu befassen. Das Gericht verweist darauf, dass mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und der Anordnung, dass Verfügungen der GmbH nur mit dessen Zustimmung wirksam sind, die Geschäftsführung weiterhin an der Erfüllung der steuerlichen Pflichten nicht gehindert ist. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verbleibt  insoweit beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus einer Pflichtenstellung verdrängt und hat weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.

Da zum Fälligkeitszeitpunkt in dem vom BFH zu entscheidenden Fall keinerlei Zahlungen resultierend aus Einfuhrumsatzsteuer an die Finanzverwaltung geleistet wurden, nahm das zuständige Hauptzollamt die beiden Geschäftsführer wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzung nach §§ 69, 34 AO durch Haftungsbescheid für die ausstehende Einfuhrumsatzsteuer vollumfänglich in Anspruch. Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben ebenso wie die sodann eingelegte Revision aus den vorgenannten Gründen ohne Erfolg.

Das Gericht bestätigte in diesem Urteil erneut die ältere Rechtsprechung, wonach ein Schuldner der Einfuhrabgaben, wenn er einen Zahlungsaufschub in Anspruch nimmt, bei dem die Zollverwaltung auf die Sachhaftung gemäß § 76 AO verzichtet hat, die Einfuhrabgaben am Fälligkeitstag ohne Rücksicht auf das Bestehen etwaiger anderer Zahlungsverpflichtungen abzuführen hat. Diese Verpflichtung zur vorrangigen Entrichtung der Abgaben erhöht wesentlich das Haftungsrisiko der Geschäftsführung.

Der zur Entscheidung stehende Sachverhalt befasste sich mithin auch mit der Pflicht eines gesetzlichen Vertreters zur sog. Mittelvorsorgepflicht. Eine dahingehende Pflichtverletzung kann auch bereits vor Fälligkeit der Steuer eintreten, sodass ein gesetzlicher Vertreter für eine ordnungsgemäße Liquiditätsplanung Sorge tragen muss. Eine vorausschauende Planung zur Bereithaltung der Mittel für künftig anfallende Steuern ist insoweit unabdingbar.

Auch stellen sich in solchen Konstellationen regelmäßig Fragestellungen um die Einordnung einer Steuerschuld als Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 4 InsO.

Dieses Urteil verdeutlicht die Risiken für die Geschäftsführung einer insolventen Gesellschaft, die sich im Falle der Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters zeigen. Die gleichen Fragen sind auch im Falle der Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung aufzuwerfen. In diesen Fällen erscheint es angezeigt, dass sich die Geschäftsführung einer insolventen Gesellschaft über etwaige Haftungsrisiken umfänglich beraten lässt.
 
 
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Dr. Michael Bach gerne zur Verfügung.

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