Detail

Zur Frage der Wirksamkeit der Unterzeichnung eines notariellen Testaments

|   Erbrecht

(OLG Köln, Beschluss vom 18.05.2020 – AZ: I-2 Wx 102/20 – NJW 2020, 2120-2121 -)

Leitsatz

  1. Mit der Unterschrift unter einer notariellen Urkunde dokumentieren die Beteiligten, dass sie sich ihre Erklärungen zurechnen lassen. Dagegen dient die Unterschrift nicht der Identifizierbarkeit der Urkundsbeteiligten.
  2. Für die Unterzeichnung eines notariell errichteten Testaments genügt es, wenn der Erblasser versucht, seinen Familiennamen zu schreiben, und die Unterschrift aufgrund einer krankheitsbedingten Schwächung aus einem Buchstaben und einer anschließenden geschlängelten Linie besteht.

Sachverhalt

Die Erblasserin und ihr im Jahre 2015 vorverstorbener Ehemann hatten sich in einem notariell beurkundeten Testament vom August 2011 wechselseitig zu Alleinerben und zu Erben des Letztversterbenden die Geschwister des Ehemannes eingesetzt. Der länger lebende Ehegatte sollte jedoch berechtigt sein, die Erbfolge nach ihm frei abändern zu können. Von diesem sogenannten Änderungsvorbehalt machte die Erblasserin nach dem Tod des Ehemannes in einem notariell beurkundeten Testament vom Dezember 2015 Gebrauch, indem sie zu ihrem Alleinerben ihren Großcousin einsetzte.

Eine Schwester des Ehemannes der Erblasserin beantragte nach deren Tod im September 2016 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie und ihre beiden Brüder als Erben der Erblasserin zu gleichen Teilen ausweisen sollte. Zur Begründung trug sie vor, das Einzeltestament der Erblasserin vom Dezember 2015 sei wegen Testierunfähigkeit unwirksam; außerdem sei die notarielle Niederschrift von der Erblasserin nicht vollständig und damit nicht vorschriftsgemäß unterschrieben worden, weil die Erblasserin ihren Familiennamen nur mit dem groß geschriebenen Anfangsbuchstaben "D" und einer anschließenden geschlängelten Linie geschrieben habe.

Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Testierunfähigkeit der Erblasserin habe durch die Beweisaufnahme mit Anhörung der Beteiligten, Vernehmung von Zeugen, Beiziehung von Arztunterlagen und Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden können. Auch habe die Erblasserin eine den Anforderungen des § 13 Beurkundungsgesetz genügende Unterschrift geleistet.

Gegen diese Entscheidung hat die Schwester des Ehemannes der Erblasserin Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen. Sie hatte auch beim Oberlandesgericht keinen Erfolg. 

Entscheidungsgründe des OLG Köln

Das Amtsgericht hat mit Recht eine Testierunfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des notariellen Testaments vom Dezember 2015 verneint (wird näher ausgeführt). Lässt sich eine Testierunfähigkeit nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, ist davon auszugehen, dass der Erblasser testierfähig war. So ist es im Streitfall.

Das notarielle Testament der Erblasserin vom Dezember 2015 wird auch dem Unterschriftserfordernis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG) gerecht. Die Vorschrift verlangt, dass die notarielle Niederschrift in Gegenwart des Notars von den Beteiligten "eigenhändig unterschrieben" werden muss.

Nach der Rechtsprechung des BGH wird mit der Unterschrift dokumentiert, dass sich die Beteiligten ihre Erklärungen zurechnen lassen und die Urkunde in ihrer körperlichen Form genehmigen; die Unterschrift dient damit als formelles Zeichen der Verantwortungsübernahme für Geltung und Gültigkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts und für die Echtheit des beurkundeten Willens der Beteiligten. Die Identifizierbarkeit der Beteiligten ist indes nicht Sinn der Unterschrift. Hierzu dient vielmehr die nach § 10 BeurkG zu treffende Identitätsfeststellung des Notars. Zwar genügt nach der Rechtsprechung des BGH die bloße Unterzeichnung der notariellen Urkunde mit dem Vornamen nicht, da sich daraus nicht sicher entnehmen lässt, ob der Unterzeichner wirklich für die Echtheit des beurkundeten Willens und für die Geltung des beurkundeten Rechtsgeschäfts einstehen will. Im Streitfall hingegen hat die Erblasserin nicht nur mit dem Vornamen unterschrieben, sondern zumindest angesetzt, ihren Familiennamen "D" zu schreiben, was in der Urkunde in dem "D" und der anschließenden geschlängelten Linie seinen Niederschlag gefunden hat. Aufgrund der besonderen Umstände liegt die Annahme nahe, dass die Erblasserin damit nicht nur eine Paraphierung beabsichtigte, sondern eine volle Niederschrift ihres Familiennamens, was ihr indes vor dem Hintergrund ihrer Schwächung durch eine schwere Erkrankung nach der glaubhaften Darstellung des Urkundsnotars nicht vollständig gelang. Die Voraussetzungen einer Schreibunfähigkeit i. S. v. § 25 BeurkG lagen damit andererseits noch nicht vor, denn die Erblasserin war noch schreibfähig, wenn auch mit einem Duktus, der durch ihre krankheitsbedingte Schwächung geprägt war.

Die Erblasserin hat sich somit nicht auf die Abkürzung des Familiennamens mit dem Anfangsbuchstaben beschränken wollen, sondern hat in der beschriebenen Form eine vollständige Unterschrift ihres Familiennamens erstellen wollen. Durch Unterzeichnung mit dem Anfangsbuchstaben und der anschließenden geschlängelten Linie hat sie hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie damit versucht hat, den Familiennamen auszuschreiben. Die Unterzeichnung der Urkunde durch die Erblasserin genügt daher der Formvorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG.

Zurück