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Zwangsvollstreckung gegen einen unter Betreuung stehenden Erben, der zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt ist

|   Erbrecht

(OL Stuttgart, Beschluss vom 18.11.2019 – AZ: 19 W 72/18 – ErbR 2020, 198 – 199)

Sachverhalt

Die unter gerichtlicher Betreuung stehende Alleinerbin wurde von einem Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses in Anspruch genommen und, nachdem sie die geforderte Auskunft nicht erteilt hatte, auf Klage des Pflichtteilsberechtigten durch das Landgericht Stuttgart entsprechend verurteilt. Als erhebliche Zeit nach dieser Verurteilung noch immer kein notarielles Nachlassverzeichnis vorgelegt worden war, leitete der Pflichtteilsgläubiger die Zwangsvollstreckung ein. Auf seinen Antrag hin verhängte das Landgericht Stuttgart gegen die Auskunftsschuldnerin gemäß § 888 ZPO ein Zwangsgeld. Die vom Betreuer der Auskunftsschuldnerin gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hatte nur dahingehend teilweise Erfolg, dass das festgesetzte Zwangsgeld auf 2.500,00 € herabgesetzt wurde. Im Übrigen hatte die Beschwerde keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe des OLG Stuttgart

Im Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO besteht in Fällen, in denen – wie hier – die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten – hier des beauftragten Notars – abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch die Verpflichtung des Schuldners, die Handlung des ihm gegenüber mitwirkungspflichtigen Dritten (Notar) mit der gebotenen Intensität einzufordern, die dem Schuldner zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten (Notar) zur Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen. Der Vollstreckungsschuldner muss also alles in seiner Macht Stehende getan haben, um die Mitwirkung des Notars zu erlangen, und er muss die darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen gegenüber dem Gericht darlegen.

Daran fehlte es im konkreten Fall. Das Gericht stellte fest, dass der Betreuer der auskunftspflichtigen Alleinerbin sich seit seinem Amtsantritt Anfang Juli 2019 bereits nicht intensiv genug um die Mitwirkung des Notars bemüht hatte. Seit diesem Zeitpunkt hatte es Monate lang gedauert, bis auch nur Kontakt mit dem Notariat aufgenommen wurde, ohne dass hierfür plausible Gründe dargelegt wurden. In einer E-Mail vom 01.10.2019 hatte der Betreuer die Vorlage erforderlicher, von der Vollstreckungsschuldnerin noch beizubringender Unterlagen nur erst angekündigt. Danach hatte sich das Notariat wochenlang nicht mehr gemeldet, ohne dass dies der Betreuer beanstandet hatte. Weitere bestehende Möglichkeiten, z. B. das Setzen einer Erledigungsfrist, Androhung der Kündigung des Auftrags an den Notar und der Beauftragung eines anderen Notars oder die Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Notar, wurden von der Vollstreckungsschuldnerin bzw. ihrem Betreuer weder erwogen noch ergriffen. Daher konnte die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg haben.

In einer Anmerkung zu dieser Entscheidung des OLG Stuttgart (in ErbR 2020, 199-200) führt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Claus-Henrik Horn zutreffend aus, dass auch gegen einen Erben, der unter Betreuung steht und der zur Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses gemäß § 2314 Abs. 1 BGB verurteilt worden ist, Zwangsgeld festgesetzt werden kann. Auf die Unmöglichkeit der Auskunftserteilung kann er sich nicht berufen, wenn er nicht alle ihm möglichen Anstrengungen unternommen hat, um die durch Gerichtsurteil titulierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung zu erfüllen. Seine Bemühungen muss der Auskunftsschuldner in überprüfbarer und substantiierter Weise darlegen. Dies muss für ihn der gerichtlich bestellte Betreuer als gesetzlicher Vertreter erledigen, wenn diesem der Aufgabenkreis der Vermögenssorge übertragen ist.

Nach § 888 ZPO kann das Vollstreckungsgericht den Auskunftsschuldner zur Erteilung der geschuldeten Auskunft auch durch die Verhängung von Zwangshaft anhalten, insbesondere für den Fall, dass Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann. Bei einem unter Betreuung stehenden Erben gilt hier die Besonderheit, dass die Zwangshaft für den Fall, dass der auskunftspflichtige Erbe prozessunfähig ist, gegen den gesetzlichen Vertreter, also gegen den Betreuer festzusetzen ist.

Für Fragen auf dem Gebiet des Erbrechts steht Ihnen Herr Rechtsanwalt JR Dr. Manfred Birkenheier, Fachanwalt für Erbrecht, gerne zur Verfügung

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