35 / 2022

Anfechtung nach der Nichtigerklärung des der Auszahlung zugrunde liegenden Gewinnverwendungsbeschlusses

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Im Kern dreht sich das noch nicht rechtskräftige Urteil des OLG Frankfurt a.M. (Urteil vom 25.05.2022 – 4 U 310/09; Revision anhängig beim BGH unter dem AZ: IX ZR 121/22) um eine Regelung des Aktiengesetzes. § 62 AktG bestimmt, dass Aktionäre der Gesellschaft Leistungen zurückzugewähren haben, die sie entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes von ihr empfangen haben. Die Verpflichtung besteht bei Beträgen hingegen, die sie nur als Gewinnanteile bezogen haben, nur, wenn sie wussten oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie zum Bezug nicht berechtigt waren.

Nachdem ein Insolvenzverwalter einer KGaA nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Jahresabschlüsse hat neu erstellen lassen und diese statt satter Gewinne sodann Jahresfehlbeträge und Bilanzverluste auswiesen, hat der Insolvenzverwalter gegen die Beklagte, eine Aktionärin der Insolvenzschuldnerin, im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung der auf der Grundlage eines zuvor gefassten Gewinnverwendungsbeschlusses ausgeschütteten Dividenden geltend gemacht.

Das Gericht bejahte den Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung. Die Gewinnverwendungsbeschlüsse seien nichtig, so dass das Gericht eine unentgeltliche Leistung in der Dividendenausschüttung gesehen hat. Es befand, dass auch der vorgenannte § 62 AktG diesem Anspruch nicht entgegensteht, da der Normzweck dieser Regelung keine insolvenzrechtliche Privilegierung des gutgläubigen Aktionärs gebiete.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH dieser Auffassung anschließt, was nicht unwahrscheinlich erscheint. Denn der BGH hatte bereits in einem Urteil vom 02.12.2021 (IX ZR 110/20) im Falle von Insolvenzanfechtungsansprüchen wegen unentgeltlicher Leistungen im Schneeballsystem ausgeführt, dass der Anfechtung auch nicht § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG entgegenstehe. Der BGH begründete dies damit, dass den im Urteil näher ausgeführten gesetzlichen Regelungen „kein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen [ist], dass Gewinnausschüttungen auch bei fehlerhafter Grundlage nicht zurückzuzahlen sind, wenn sie in gutem Glauben empfangen wurden.“ (BGH, Urteil vom 02.12.2021 - IX ZR 110/20, JURIS-Rn. 30).

Bei Rückfragen:

RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de), RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)