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Anforderungen an die Unterschrift unter einem handschriftlichen Testament

|   Erbrecht

(OLGMünchen, Beschluss vom 25.08.2023 – 33Wx119/23– ErbR 2024, 121-123)

Leitsatz

Ein handschriftlich errichtetes Testament ist unwirksam, wenn die "Unterschrift" die Verfügung nicht räumlich abschließt, sondern sich in der Mitte des Testaments befindet und die Person des Erben erst darunter genannt wird.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist der Neffe der im Mai 2022 verstorbenen Erblasserin. Diese wargeschieden, hatte keine eigenen Kinder, ihre Eltern waren vorverstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers und der Beteiligte zu 2) waren die Geschwister der Erblasserin, die außerdem sechs Halbgeschwister hatte, wovon fünf vorverstorben waren und insgesamt sechs Nichten bzw. Neffen und drei Großnichten bzw. Großneffen hinterließen.

Der Beschwerdeführer legte folgendes handschriftliche Testament der Erblasserin vor:

"10.03.2022

Testament!

Ich.… (Name der Erblasserin)

vermache alles was ich habe.

Mein Sparbuch-Konto Raiffeisenbank Rosenheim

Versicherung bei der Züricher Versicherung

…. (Unterschrift der Erblasserin)

An Herrn….. (= Beschwerdeführer)

…. (Anschrift)"

Der Beschwerdeführer beantragte, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben der Erblasserin aufgrund des Testaments vom 10.03.2022 ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Der Beschwerdeführer meint, das Testament sei formwirksam errichtet, die Unterschrift decke den gesamten Inhalt des Testaments, auch wenn sie in der Mitte stehe, da das Testament nur im Zusammenhang der beiden Teile – oberhalb und unterhalb der Unterschrift – sinnvoll und vollständig sei. Das Testament habe die Erblasserin außerdem auffällig gut sichtbar in einem Umschlag, der mit "Testament" beschriftet war, in einem Vitrinenschrank platziert. Zudem habe die Erblasserin gegenüber Verwandten und Freunden, die als Zeugen benannt worden sind, erklärt, dass der Beschwerdeführer Alleinerbe werden solle.

Entscheidungsgründe des OLG München

Die zulässige Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen ist. Der Senat teilt die Ansicht des Nachlassgerichts, dass das Testament vom 10.03.2022 formunwirksam ist.

Ein eigenhändiges Testament ist nach § 2247 BGB nur wirksam errichtet, wenn es eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist. Diese Formvorschriften sind zwingend; ein Verstoß führt zur Nichtigkeit des Testaments gemäß § 125 BGB, auch wenn die Urheberschaft und die Ernstlichkeit der Erklärung feststehen.

Das Gesetz verfolgt durch die Formvorschriften für Testamente verschiedene Zwecke: Die einzuhaltenden Förmlichkeiten sollen den Erblasser veranlassen, sich selbst klar darüber zu werden, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll, und seinen Willen möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Sie sollen außerdem dazu dienen, Vorüberlegungen und Entwürfe von der maßgebenden Verfügung exakt abzugrenzen.

Die Eigenhändigkeit eines Testaments soll außerdem eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen des Erblasserwillens bieten. Alle diese Formzwecke sollen in ihrer Gesamtheit dazu beitragen, verantwortliches Testieren zu fördern und Streitigkeiten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen zu vermeiden. Ein Mindestmaß an Formerfordernissen für ein ordentliches eigenhändiges Testament ist daher im Interesse von Rechtssicherheit und privatem Rechtsfrieden unerlässlich.

Die zwingend erforderliche Unterschrift muss grundsätzlich am Schluss des Textes stehen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Identifikation des Erblassers zu ermöglichen, zu dokumentieren, dass der Erblasser sich zu dem über der Unterschrift befindlichen Text bekennt sowie den Urkundentext räumlich abzuschließen und damit vor nachträglichen Ergänzungen und Zusätzen zu sichern.

Da die Unterschrift nur den Mindestinhalt eines Testaments abschließen muss, ist unschädlich, wenn nach ihr noch den Inhalt des Testaments nicht berührende Zusätze angebracht werden wie beispielsweise Orts- und Datumsangabe. Für die Formgültigkeit kommt es nur darauf an, dass im Zeitpunkt des Todes eine die gesamten Erklärungen nach dem Willen des Erblassers deckende Unterschrift vorhanden ist.

Zwar ist im vorliegenden Fall der Text des Testaments oberhalb der Unterschrift offensichtlich lückenhaft und nicht aus sich heraus verständlich, da nicht verfügt wurde, an wen von der Erblasserin "alles vermacht" wird.

Damit beinhaltet der Text oberhalb der Unterschrift aber keine unvollständige Verfügung, sondern gar keine Verfügung. Die Anfügung des Bedachten nach der Unterschrift ("An Herrn….) kommt in Zusammenschau mit dem Textteil oberhalb der Unterschrift einer erstmaligen Verfügung gleich. Die Bedeutung des zweiten Textteils ist eine originär eigenständige letztwillige Verfügung, die nach den genannten Grundsätzen im Interesse der Rechtssicherheit eine besondere Unterschrift erfordern würde.

Die Kernaussage des Testaments, an wen sie alles vermachen wolle, hat die Erblasserin nicht unterschrieben. Diese Kernaussage befindet sich erst unterhalb ihrer Unterschrift. Damit sind Sinn und Zweck der Formvorschriften, nämlich die Erblasserin zu veranlassen, sich selbst klar darüber zu werden, welchen Inhalt ihre Verfügung von Todes wegen haben soll, gerade nicht erfüllt. Es kommt nicht zum Ausdruck, dass sich die Erblasserin beim Niederschreiben und Unterschreiben des ersten Textteils ihrer Verfügung über die Person, der sie alles vermachen wollte, Klarheit verschafft hätte.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers führt auch der Umstand, dass sich das Testament in einem Umschlag befand, der mit "Testament" beschriftet und gut sichtbar platziert war, nicht zur Formgültigkeit des Testamentes. Denn die Bezeichnung als Testament stellt keine Unterschrift, sondern nur eine Inhaltsangabe dar und besagt gerade nicht, dass die Erblasserin den gesamten Inhalt als formwirksame letztwillige Verfügung unterzeichnen wollte.

Auch der Umstand, dass die Erblasserin gegenüber Zeugen ihren Willen geäußert hatte, den Beschwerdeführer als Alleinerben einsetzen zu wollen, kann über die Formunwirksamkeit nicht hinweghelfen.

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