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Berechtigung des Pflichtteilsberechtigten für Beschwerde gegen Untätigkeit des Notars?

|   Erbrecht

(BGH, Beschluss vom 19.07.2023 – AZ: IV ZB 31/22 –)

Leitsatz

Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht im Wege der Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 Bundesnotarordnung von dem vom Erben beauftragten Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen.

Sachverhalt

Die Erbin des im Mai 2018 verstorbenen Erblassers beauftragte im Juli 2019 den Notar mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, zu dessen Vorlage an den Pflichtteilsberechtigten sie durch Anerkenntnisurteil gerichtlich verpflichtet wurde.  Der Notar nahm den Auftrag an. Das Nachlassverzeichnis hat er jedoch bisher nicht erstellt.

Deshalb hat der Pflichtteilsberechtigte nach mehrfacher Aufforderung an den Notar, das Nachlassverzeichnis zu erstellen, beim Landgericht Notarbeschwerde gegen dessen Untätigkeit erhoben. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die von ihm zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der der Pflichtteilsberechtigte unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts die Anweisung an den Notar begehrt, ein notarielles Nachlassverzeichnis über den Nachlass des Erblassers nach Maßgabe des von der Erbin erteilten Auftrags aufzunehmen, blieb beim Beschwerdegericht erfolglos. Sie auch beim Bundesgerichtshof keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler die Berechtigung des Beschwerdeführers für eine Beschwerde gegen die Untätigkeit des Notars verneint. Es fehlt ihm an der gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 Bundesnotarordnung (BNotO) in Verbindung mit § 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG hierfür erforderlichen materiellen Beschwer.

Dafür wäre ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht erforderlich. Nicht ausreichend sind lediglich wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige berechtigte Interessen. Gemessen daran fehlt es hier an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung des Beschwerdeführers. Ihm geht es in der Sache darum, die Erfüllung seines Auskunftsanspruchs aus § 2314 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BGB gegen die Erbin herbeizuführen. Dies begründet lediglich ein wirtschaftliches und rechtliches Interesse an der begehrten Tätigkeit des Notars, aus dem eine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG nicht hergeleitet werden kann. Daher wird auch nach herrschender Ansicht in der Literatur die Zulässigkeit eines Vorgehens des Pflichtteilsberechtigten gegen den vom Erben mit der Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragten Notar im Wege einer Notarbeschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO abgelehnt. Der Pflichtteilsberechtigte kann seinen Auskunftsanspruch uneingeschränkt gegenüber dem Erben geltend machen und gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Schuldner des notariellen Verzeichnisses ist der Erbe. Daher ist nur der Erbe nach allgemeiner Auffassung Auftraggeber des notariellen Nachlassverzeichnisses. Der Pflichtteilsberechtigte selbst ist nicht antragsbefugt und nicht berechtigt, vom Notar die Aufnahme des Verzeichnisses zu verlangen. Er hat auch keine Mitwirkungsrechte bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses.

Der Gläubiger eines gerichtlich titulierten, durch notarielles Nachlassverzeichnis zu erfüllenden Auskunftsanspruchs – wie der Beschwerdeführer – steht der Untätigkeit des Notars auch nicht schutzlos gegenüber. Verweigert der vom Erben beauftragte Notar die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses oder verzögert er diese, obliegt es dem Erben, auf die zeitnahe Erledigung hinzuwirken und erforderlichenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen. Erforderlichenfalls kann der Pflichtteilsberechtigte, zu dessen Gunsten bereits ein Vollstreckungstitel auf Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses vorliegt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO gegen den Erben beantragen.

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