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Die Besteuerung der Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, richtet sich nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse. Vorerwerbe vom künftigen Erb

|   Erbrecht

(BFH, Urteil vom 10.05.2017 – AZ: II R 25/15 -)

Mit diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung (Urteile vom 25.05.1977 – II R 136/73 – und vom 25.01.2001 – II R 22/98) aufgegeben. Diese bisherige Rechtsprechung besagte, dass der Verzicht auf Pflichtteilsansprüche gegenüber einem anderen gesetzlichen Erben hinsichtlich der Steuerklasse vor Eintritt des Erbfalls nicht anders behandelt werden sollte als nach dessen Eintritt und dass es für die anwendbare Steuerklasse keinen Unterschied machen sollte, ob der Verzicht mit dem künftigen Erblasser oder einem anderen gesetzlichen Erben vereinbart wird. Es sollte steuerrechtlich stets das Verhältnis des Verzichtenden zum künftigen Erblasser zugrunde gelegt werden.

Nach nochmaliger Überprüfung hat der BFH jetzt entschieden, dass an dieser Rechtsprechung nicht mehr festgehalten werden könne. Eine steuerrechtliche Gleichbehandlung der Abfindung für einen Verzicht auf Pflichtteilsansprüche unabhängig davon, ob diese vor oder nach dem Erbfall vereinbart und gezahlt wird, sei nicht möglich.

Im konkreten Fall hatte einer von insgesamt vier Brüdern durch notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag im Jahre 2006 gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der gemeinsamen Mutter von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs gegen eine von den Brüdern jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000,00 € verzichtet.

Das Finanzamt setzte für die Abfindungszahlung eines der Brüder gegen den Empfänger der Abfindung Schenkungsteuer in Höhe von 28.405,00 € fest. Dabei rechnete es der Abfindungszahlung frühere Schenkungen, die der Abfindungsempfänger von der Mutter im Jahre 2002 in Höhe von etwas mehr als 1 Million € erhalten hatte, hinzu. Hinsichtlich des Freibetrages und der Steuerklasse stellte das Finanzamt auf das Verhältnis des Abfindungsempfängers zur Mutter ab.

Nachdem das Finanzgericht auf die Klage des Abfindungsempfängers gegen den Schenkungssteuerbescheid die Schenkungsteuer auf 10.810,00 € herabgesetzt hatte, ging das Finanzamt in die Revision. Diese war nach Ansicht des BFH begründet. Er setzte die Schenkungsteuer auf 23.647,00 € fest und führte aus, bei der Abfindungszahlung handele es sich um eine freigebige Zuwendung des Zahlenden i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz und nicht um eine freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers (Mutter) an den Empfänger der Abfindung. Deshalb sei für die Besteuerung des Erwerbs eines gesetzlichen Erben von einem anderen gesetzlichen Erben wegen Verzichts auf künftige Pflichtteilsansprüche das Verhältnis des Verzichtenden zu dem anderen gesetzlichen Erben maßgebend. Nach diesem Verhältnis richten sich sowohl die Steuerklasse als auch der Freibetrag und der Steuersatz. Frühere Erwerbe (Schenkungen) von dem künftigen Erblasser seien nicht hinzuzurechnen, weil der Verzichtende die Abfindung nicht vom künftigen Erblasser, sondern von dem anderen gesetzlichen Erben erhält. Deshalb fehle es an der von § 14 Abs. 1 Satz 1 Erbschaftsteuergesetz vorausgesetzten Personengleichheit.

Nach der im konkreten Fall für das Jahr 2006 maßgebenden Rechtslage sei daher die Steuerklasse II mit einem Steuersatz von 17 % maßgebend, weshalb die Schenkungsteuer 23.647,00 € betrage.  

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