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Direktanspruch gegen eine Versicherung bei Insolvenz des Schädigers (BGH, Urteil vom 25.1.2023 - Az: IV ZR 133/21)

|   Versicherungsrecht

Die Klägerin, die einer Architektin fehlerhafte Planungs- und Überwachungsarbeiten vorwirft, macht zum Ausgleich des entstandenen Schadens einen sog. Direktanspruch gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG gegen den Haftpflichtversicherer der Architektin geltend.

§ 115 Abs. 1 S. 1 VVG eröffnet im Zusammenhang mit sog. Pflicht-Haftpflichtversicherungen die Möglichkeit, dass ein Geschädigter unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch ausnahmsweise auch direkt gegen den Haftpflichtversicherer des eigentlichen Schädigers geltend machen kann.

Im vorliegenden Fall kam für den Direktanspruch § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG in Betracht. Das Insolvenzgericht hatte den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Architektin mangels Masse abwiesen. Die Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags erfolgte vor der Erhebung der Klage gegen den Haftpflichtversicherer.

Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass es für einen Direktanspruch ausreicht, dass die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 S. 1 VVG nur bei Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs vorliegen müssen und zu einem beliebigen Zeitpunkt vor Schluss der mündlichen Verhandlung eintreten können.

Dies war vorliegend der Fall, da ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen die Architektin schon bei Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags bestand. Der Umstand, dass die Klageerhebung gegen den Haftpflichtversicherer erst danach erfolgte, steht dem Direktanspruch demnach nicht entgegen.

Zur Begründung führt der BGH an, dass sich der Geschädigte auf den Direktanspruch gegen die Versicherung verlassen dürfen muss. Würde dieses Vertrauen auf den Erfolg einer Klage nicht geschützt werden, so würde das Ziel des § 115 VVG (Erleichterung der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs) nicht erreicht werden.

Der BGH stärkt mit dieser Entscheidung die Rechtsposition Geschädigter gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers. Die Insolvenz des Schädigers und selbst die Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens mangels Masse führen nicht dazu, dass der Geschädigte seine Ansprüche „ausbuchen“ muss. Einfach ist die Durchsetzung jedoch nicht. Dem Versicherer bleiben insbesondere Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis erhalten (z.B. Vorsatz oder wissentliche Pflichtverletzung).

Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Dr. Patrik Eckstein, Fachanwalt für Versicherungsrecht, gerne zur Verfügung.

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