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Erfolgreiche Abmahnung wegen fehlender Datenschutzerklärung

|   Newsletter 02/2020

(OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 – Az. 2 U 257/19 -)

Eine der nach wie vor nicht abschließend geklärten Fragen des Datenschutzrechts unter der Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist diejenige nach dem Verhältnis zum Wettbewerbsrecht und ob und inwieweit gegen Verstöße gegen die Regelungen der DS-GVO nach Wettbewerbsrecht, d. h. insbesondere durch Wettbewerber und Verbände i. S. v. § 8 Abs. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend gemacht, d. h. Abmahnungen ausgesprochen werden können. Die o. g. Entscheidung des OLG Stuttgart, in der die Abmahnungsfähigkeit einer fehlenden Datenschutzerklärung eines Händlers in dem auf der Internethandelsplattform eBay veröffentlichten Inserat bejaht wurde, stellt einen weiteren Beitrag zu der bislang uneinheitlichen Rechtsprechung zur Abmahnungsfähigkeit von Datenschutzverstößen dar (einen ersten Überblick gaben wir in unserem Newsletter I/2019).

Kontext der Entscheidung

In der o. g. Entscheidung ging es um die Frage, ob ein Wirtschaftsverband berechtigt ist, gegenüber einem Händler, der auf der Internethandelsplattform eBay ein Inserat veröffentlicht, ohne eine nach Art. 13 DS-GVO erforderliche Datenschutzerklärung vorzuhalten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es im Kern darauf an, ob die DS-GVO ein in sich abgeschlossenes Sanktionssystem enthält, welches einen Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Regelungen ausschließen würde, oder ob die datenschutzrechtlichen Regelungen der DS-GVO (oder zumindest Teile davon) auch als Marktverhaltensregelungen einzuordnen sind, gegen deren Verletzung wettbewerbsrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden können.

Entscheidung des OLG Stuttgart

Das OLG Stuttgart ist in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass

  • die DS-GVO kein abschließendes Sanktionen- bzw. Rechtsbehelfssystem enthält, weshalb die nationalen wettbewerbsrechtlichenBeseitigungs- und Unterlassungsansprüche bestehen bleiben, wenn es sich um einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung handelt, und
  • die Informationspflichten des Art. 13 DS-GVO Marktverhaltensregelungen nach dem UWG darstellen.

Im Ausgangspunkt geht das OLG Stuttgart von einem Nebeneinander des – im Kern öffentlich-rechtlichen – Sanktionensystems der DS-GVO und den – im Kern privatrechtlichen – Handlungsmöglichkeiten des Wettbewerbsrechts aus, da sich der DS-GVO insbesondere keine abschließende Regelung für die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung entnehmen lässt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich bei der verletzten datenschutzrechtlichen Vorschrift um eine Marktverhaltensregelung i. S. v.  § 3a UWG handelt, was stets im Einzelfall geprüft werden muss.

Nach Auffassung des OLG Stuttgart handelt es sich bei der im Streitfall verletzten Vorschrift des Art. 13 DS-GVO – die Verletzung bestand in der fehlenden Datenschutzerklärung des beklagten Händlers in dem auf der Internethandelsplattform eBay veröffentlichten Inserat – um eine Marktverhaltensregelung. Den notwendigen Marktbezug sieht das OLG Stuttgart darin, dass Art. 13 DS-GVO nicht nur einen persönlichkeitsschützenden Charakter hat sondern auch das Informationsinteresse und die Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf die Marktteilnahme schützt. Schließlich werden bereits durch den Geschäftskontakt als solchen datenschutzrechtliche Belange des Interessenten berührt und entsprechende Pflichten des Unternehmers begründet.

Rechtsfolgen für die Praxis

Das OLG Stuttgart schließt sich mit der o. g. Entscheidung dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg und dem Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt an, die ebenfalls die Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen solche datenschutzrechtlichen Vorschriften, die zugleich Marktverhaltensreglungen i. S. v. § 3a UWG darstellen, bejahen. Aus diesen obergerichtlichen Entscheidungen dürfte sich zumindest eine Tendenz dahingehend erkennen lassen, dass die Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen nach Wettbewerbsrecht nicht per se ausgeschlossen sondern vielmehr für die jeweils verletzte Vorschrift gesondert zu prüfen ist. Ob der BGH sich dieser Auffassung anschließen wird, bleibt ebenso abzuwarten wie eine abschließende Klärung, welche datenschutzrechtlichen Vorschriften als Marktverhaltensregelungen einzuordnen sind, wobei letzteres nur dann relevant wird, wenn der BGH die Abmahnfähigkeit von bestimmten Datenschutzverstößen bestätigt. Bis dahin bleibt ein gehöriges Maß an Rechtsunsicherheit erhalten.

TIPP: Zum einen sollte auch zur Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Risiken darauf geachtet werden, möglichst nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften zu verstoßen; zum anderen sollte im Fall einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung sorgfältig geprüft werden, ob und in welchem Umfang diese berechtigt ist und in keinem Fall überstürzt eine Unterlassungserklärung abgegeben werden.

Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Patrick Steinhausen gerne zur Verfügung.

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