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Soll das Änderungsangebot die Arbeitsaufgaben ändern, muss der Arbeitgeber die neuen Tätigkeiten konkret beschreiben

|   Arbeitsrecht

(BAG, Urteil vom 26.01.2017 - AZ: 2 AZR 68/16 -)

Der klagende Arbeitnehmer war seit März 1997 in einem Betrieb, für den das KSchG gilt, gemäß Arbeitsvertrag angestellt. Im Arbeitsvertrag hieß es u.a.:

"(Der Kläger - nachfolgend Arbeitnehmer genannt) tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung usw.. In das Aufgabengebiet wird der Arbeitnehmer ca. ein halbes Jahr eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsetzen auf Baustellen einverstanden".

Anlässlich eines Verkehrsunfalls erlitt der betreffende Arbeitnehmer schwere Kopfverletzungen. Im Dezember 2005 führte der Arbeitgeber einen Arbeitstest durch, bei dem der Arbeitnehmer vorhandene Sicherheits-SPS anpassen sollte.

Aufgrund des Tests vertrat der Arbeitgeber die Auffassung, der Arbeitnehmer könne keine komplexen Programmiertätigkeiten mehr durchführen. Er sprach deshalb Ende März 2006 eine ordentliche Änderungskündigung aus. Nach dem Änderungsangebot sollte der Arbeitsvertrag zum Thema Arbeitsaufgaben künftig folgende Regelung enthalten:

Tätigkeit und Aufgabengebiet:
(Der Kläger - nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt alle Arbeiten im Lager, vorrangig Fahrer- und Kuriertätigkeiten, hierzu gehören u.a. das Be- und Entladen von Baustellen- oder sonstigem Material in und von Transportfahrzeugen, Stapler fahren sowie allgemeine Lagertätigkeiten usw..
In das Aufgabengebiet wird der Arbeitnehmer ca. einen Monat eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsetzen auf Baustellen einverstanden.

Das Änderungsangebot sah des Weiteren vor, dass anstelle des Monatsgehaltes von 2.709,00 € brutto lediglich 8,50 € brutto/Stunde gezahlt werden sollten.

Der Arbeitnehmer nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und erhob Änderungsschutzklage. Diese war weder vor dem Arbeitsgericht Weiden, noch vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg erfolgreich.

Das BAG hob die Urteile auf und gab der Klage des Arbeitnehmers Recht. Den erst- und zweitinstanzlich tätigen Richtern werden drei Fehler vorgeworfen, nämlich´

1. aufgrund der vom LAG festgestellten Tatsachen sei nicht klar, warum der Arbeitnehmer

    nicht in der Lage sein sollte, seine ursprünglichen Arbeitsaufgaben weiterhin auszuführen,

2. das Änderungsangebot des Arbeitgebers sei zu ungenau und

3. das LAG hatte nicht überprüft, warum die Absenkung der Vergütung auf 8,50 € brutto

    sozial gerechtfertigt sein sollte.

Das BAG begründete seine eigene Entscheidung zugunsten des Arbeitnehmers allein mit der Ungenauigkeit des Änderungsangebotes. Sowohl im ursprünglichen Vertrag als auch im Änderungsangebot heißt es, der Arbeitnehmer solle als "Elektrotechniker" arbeiten, was allerdings wegen der im Änderungsangebot genannten anderen Aufgaben künftig anscheinend doch nicht mehr gelten sollte. Zwar unterstellt das BAG zu Gunsten des Arbeitgebers, die Bezeichnung der Position als "Elektrotechniker" habe nicht zur Verwirrung beigetragen. Es sei allerdings unklar, was mit dem im Änderungsangebot genannten Einsetzen auf Baustellen gemeint sei, mit denen der Kläger sich einverstanden erklären sollte, denn in erster Linie hatte er doch künftig im Lager, d.h. im Betrieb des Arbeitgebers, zu arbeiten. Der Arbeitnehmer konnte nicht ausreichend erkennen, zu welchen Diensten er bei Annahme des Änderungsangebotes zukünftig verpflichtet wäre, d.h., die Art der dann geschuldeten Arbeitsleistung(en) blieb unklar. 
 

TIPP:Bei einer Änderungskündigung muss das Vertragsangebot = Änderungsangebot des Arbeitgebers genauer sein als beim Abschluss des Arbeitsvertrages, denn die größte Ungenauigkeit einer Aufgabenbeschreibung beim erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrages hindert nicht dessen Zustandekommen. Ein Arbeitsvertrag kann mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten vereinbart werden, eine mündliche Kündigung ist dagegen nicht möglich, geschweige denn eine Kündigung durch schlüssiges Verhalten.

Bei Fragen, ob ein Änderungsangebot hinreichend bestimmt ist, empfiehlt es sich, den Rat eines fachkundigen Anwalts in Anspruch zu nehmen.

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