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Umfang der Informationspflicht zu alternativer Streitbeilegung in Verbrauchersachen

|   E-Commerce und elektronischer Geschäftsverkehr

(BGH, Urteil vom 21. August 2019 – AZ: VIII ZR 265/18)

Seit dem 1. April 2016 gilt das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), welches Regelungen für die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen durch private oder behördliche Verbraucherschlichtungsstellen enthält. Für den Handel – und insbesondere den E-Commerce – von Bedeutung ist die in § 36 VSBG vorgesehene Informationspflicht. Dort heißt es u. a., dass ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich davon in Kenntnis zu setzen hat, „inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen“. Weitere Vorgaben an den Inhalt einer solchen Information macht das VSBG indes nicht; vorgegeben ist nur, dass diese auf der Website (wenn eine solche unterhalten wird) erscheinen und zusammen mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (wenn solche verwendet werden) gegeben werden müssen.

Zur Klärung der Frage nach dem Inhalt dieser Information trägt nun eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. August 2019 – VIII ZR 265/18) bei. Gegenstand dieser Entscheidung war die folgende, auf der Website des Unternehmers verwendete Formulierung:

Der Anbieter ist nicht verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt werden.

Auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete der Unternehmer eine nahezu gleichlautende Formulierung, wobei der zweite – und mit Blick auf § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG problematische – Satz identisch war.

Der BGH kommt in seiner Entscheidung – wie schon das Oberlandesgericht Oldenburg – zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Formulierung (d. h. „Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt werden.“) nicht den Vorgaben an eine verständliche Information darüber, inwieweit der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit ist. Zwar ist es dem Unternehmer möglich, seine Teilnahmebereitschaft auf bestimmte Fälle zu beschränken, hierfür müssen aber die folgenden Vorgaben des BGH beachtet werden:

Die vom Unternehmer nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG im Falle einer nur teilweisen Mitwirkungsbereitschaft geschuldete klare, verständliche und leicht zugängliche Mitteilung über die Reichweite der Bereitschaft erfordert letztlich die Angabe von aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers hinreichend trennscharfen Kriterien. In Betracht kommen etwa die Festlegung bestimmter Einkaufs- oder Bestellwerte beziehungsweise Streitwertober- oder -untergrenzen, die Beschränkung auf bestimmte Kategorien von Verträgen (beispielsweise Verträge über bestimmte Waren oder Dienstleistungen; Beschränkung auf Online-Verträge), die Einschränkung auf nur innerhalb von konkret bezeichneten Zeiträumen abgeschlossene Verträge sowie unter Umständen auch die Beschränkung auf bestimmte Streitgegenstände.“ (BGH, a. a. O. Rz. 51 – Hervorhebung durch den Verfasser)

Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung des BGH zwar einerseits einen erhöhten Aufwand, wenn ein Anbieter nur eingeschränkt bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Anderseits bedeutet diese Entscheidung aber auch insoweit Rechtssicherheit, als der BGH neben der allgemein formulierten Vorgabe auch Beispiele aufführt.

TIPP: Eine rechtssichere Umsetzung der vielfältigen Hinweispflichten insbesondere im E-Commerce erfordert die Beachtung einer Vielzahl von Gesetzesvorschriften und der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.

 

Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Patrick Steinhausen gerne zur Verfügung.

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