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Verzicht auf Urheberbenennung in AGB wirksam (OLG Frankfurt, Urteil vom 29. September 2022 – AZ: 11 U 95/21 –)

|   Marken-, Urheber- und Medienrecht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob einem Fotografen auch dann Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche wegen einer unterlassenen Urheberbenennung zustehen, wenn der Fotograf als Urheber zuvor formularmäßig auf das Recht auf Urheberbenennung verzichtet hat.

Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger, ein Fotograf, nahm die Beklagte wegen Unterlassung und Schadenersatz im Zusammenhang mit einem vom Kläger erstellten Lichtbild in Anspruch. Dieses Lichtbild hatte die Beklagte von dem Microstock-Portal heruntergeladen, auf welchem es der Kläger zuvor auf Grundlage eines mit dem Portalbetreiber abgeschlossenen Upload-Vertrags eingestellt hatte. Die Beklagte verwendete dieses Lichtbild auf ihrer Website, u. a. ohne dabei den Kläger als Urheber anzugeben.

Nach dem Upload-Vertrag – d. h. den AGB des Portalbetreibers – war der Portalbetreiber berechtigt, Dritten nicht-exklusive, weltweite und zeitlich unbegrenzte Lizenzen zur Nutzung, Wiedergabe und Ausstellung des Lichtbilds zu gewähren. In diesem Zusammenhang hieß es auch, dass der Dritte „zur Urheberbenennung berechtigt jedoch nicht verpflichtet [ist]“. Ausweislich der Ausführungen des OLG Frankfurt enthielt der Upload-Vertrag zudem folgende Regelung:

Soweit das anwendbare Recht dies zulässt, bestätigt das hochladende Mitglied [d. h. der Kläger; Anm. d. Verf.] hiermit, dass sowohl [Portalbetreiber] als auch jedes Herunterladende Mitglied welches ein Werk über X bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung haben, das Hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen. Das Hochladende Mitglied verzichtet hiermit auf jede Verpflichtung von [Portalbetreiber] und jedem Herunterladenden Mitglied das Hochladende Mitglied als Quelle des Werks zu identifizieren.

Der Kläger meinte, der im Upload-Vertrag enthaltene Verzicht auf die Urheberbenennung sei unwirksam, weshalb die Beklagte zur Unterlassung verpflichtet sei und nach der Lizenzanalogie auf Schadenersatz entsprechend den MFM-Empfehlungen hafte. Die Beklagte war der Auffassung, dass sie nicht zur Urheberbenennung verpflichtet war, weil die o. g. Regelungen des Upload-Vertrags eine AGB-Kontrolle standhielten und deshalb der Verzicht des Klägers wirksam sei.

Das OLG Frankfurt bestätigte in seiner Entscheidung insoweit das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des LG Kassel und damit die Wirksamkeit des im Upload-Vertrag erklärten Verzichts des Klägers auf Urheberbenennung.

Recht auf Urheberbenennung und Möglichkeit des Verzichts

Nach § 13 Urheberrechtsgesetz (UrhG) hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk, und er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist. Wird das Recht des Urhebers auf Urheberbenennung widerrechtlich verletzt, dann steht dem Urheber gegen den Verletzer – neben dem Anspruch auf Unterlassung – ein Entschädigungsanspruch zu (§ 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhG). Nach der sog. Lizenzanalogie kann diese Entschädigung als (weitere) fiktive Lizenzgebühr in Form eines Zuschlags auf die fiktive Lizenzgebühr bemessen werden, wobei durchaus Aufschläge von 100 % angenommen werden.

So wenig wie das Urheberrecht – als Persönlichkeitsrecht – vollständig, d. h. mit dinglicher Wirkung vom Urheber auf einen Dritten übertragen werden kann, kann der Urheber auf seine Urheberpersönlichkeitsrechte nicht generell verzichten. Außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns kann das Recht auf Urheberbenennung durch Vereinbarung zwischen dem Urheber und dem Verwerter eingeschränkt werden, d. h. ein schuldrechtlich wirkender Verzicht ist grundsätzlich zulässig.

Das OLG Frankfurt kam zum Ergebnis, dass ein schuldrechtlicher Verzicht auf das Recht auf Urheberbenennung wirksam in den AGB des Portalbetreibers vereinbart werden könne. Die oben zitierte Regelung des Upload-Vertrages stelle nach Auffassung des OLG Frankfurt (a. a. O., Rz.107) keine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, „da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: X) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt.“

Dabei argumentierte das OLG Frankfurt zunächst mit dem besonderen Geschäftsmodell der Microstock-Portale, das darauf ausgerichtet ist, mit den geringen Lizenzgebühren, der hohen Reichweite und dem Verzicht auf das Recht auf Urheberbenennung ein „Massengeschäft“ zu generieren. Auch sei der Kläger nicht gezwungen gewesen, auf sein Recht auf Urheberbenennung zu verzichten, da er auf alternative Angebote sog. Macrostock-Agenturen hätte zurückgreifen können (diese verlangen bei jeder Nutzung die Urheberbenennung); diese Agenturen seien aber mit dem Geschäftsmodell der Microstock-Portale nicht vergleichbar. Weiter verneinte das OLG Frankfurt eine unangemessene Benachteiligung auch insoweit, als dass der Kläger nach seinem Vortrag durch die fehlende Urheberbenennung daran gehindert werde, die Massenverbreitung seiner Werke über solche Portale zu Marketingzwecken nutzen zu können. Hierzu führte das OLG Frankfurt (a. a. O., Rz.118) aus:

„Einem mit der Urheberbenennung verbundenen Marketingeffekt kommt zudem für solche Urheber keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, die - wie der Kläger - ihre Werke ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren. Bei diesen kann die Urheberbenennung keine etwaige eigenständige individuelle Lizenzvergabe fördern, da der Urheber keine eigenständige individuelle Lizenzvergabe betreibt. Für solche Urheber, die - wie der Kläger - ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren, ist der Marketingeffekt der Urheberbenennung daher nicht von entscheidender Bedeutung.“

Schließlich sei der Verzicht des Klägers in den AGB des Portalbetreibers auch deshalb wirksam, weil der Kläger nicht vollständig und endgültig auf sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft verzichtet habe. Auf Grund der Kündigungsmöglichkeit im Upload-Vertrag könne der Kläger sich für die Zukunft das Recht auf Urheberbenennung wieder verschaffen. Auch sei der Verzicht nicht gegenüber der Allgemeinheit, sondern nur gegenüber dem Portalbetreiber und den Unterlizenznehmern, und zudem bezogen auf bestimmte Werke erfolgt.

Ausblick

Das OLG Frankfurt hat die Revision zugelassen, da es sich bei der Frage, ob ein Verzicht auf das Recht auf Urheberbenennung in AGB vereinbart werden kann, „eine entscheidungserhebliche sowie klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage [ist]“, die „das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts [berührt]“. Liest man die weiteren Ausführungen des OLG Frankfurt, dann dürfte damit zu rechnen sein, dass der Kläger gegen die Entscheidung des OLG Frankfurt Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) einlegen wird. Ob sich der BGH dann der Auffassung des OLG Frankfurt anschließen wird, bleibt abzuwarten.

Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Patrick Steinhausen LL.M., gerne zur Verfügung

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