Detail

Wettbewerbsrechtliche Abmahnung von Datenschutzverstößen

|   Newsletter 01/2019

(LG Bochum, Urteil vom 07.08.2018 – AZ: I-12 O 85/18)

Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) hat mittlerweile seit mehr als neun Monaten Geltung und weiterhin sind viele Fragestellungen nicht abschließend geklärt. Dies betrifft u. a. die Frage, ob Verstöße gegen die (datenschutzrechtlichen) Vorgaben der DS-GVO nach Wettbewerbsrecht – d. h. durch einen Wettbewerber desjenigen, der gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen hat – abgemahnt werden können.

Soweit ersichtlich durfte sich das Landgericht Bochum als erstes deutsches Gericht mit dieser Frage befassen (LG Bochum, Urteil v. 07.08.2018 – I-12 O 85/18). Im Ergebnis hat das Landgericht Bochum einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassunganspruch – und damit die Zulässigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung einschließlich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten – mit der Begründung verneint, dass die DS-GVO „eine die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließende, abschließende Regelung“ enthalte. Das Landgericht Wiesbaden hat sich der Auffassung des Landgerichts Bochum angeschlossen und die Zulässigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung verneint (LG Wiesbaden, Urteil v. 05.11.2018 – 5 O 214/18). Das Landgericht Wiesbaden betont in seiner Entscheidung, dass es keine Rechtsschutzlücke im Bereich der DS-GVO gebe, die durch wettbewerbsrechtliche Regelungen geschlossen werden müsse. Auch das Landgericht Magdeburg geht in einer aktuellen Entscheidung von einem abgeschlossenen Sanktionssystem der DS-GVO aus und lehnt im Ergebnis einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ab (LG Magdeburg, Urteil v. 18.01.2019 – 36 O 48/18). Nach Auffassung der Landgerichte Bochum, Wiesbaden und Magdeburg ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bei sämtlichen Verstößen gegen die DS-GVO unzulässig.

Demgegenüber ist das Landgericht Würzburg – allerdings ohne nähere Begründung – zu dem Ergebnis gekommen, dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Verwendung einer nicht den Vorgaben der DS-GVO entsprechenden Datenschutzerklärung auf einer Website besteht (LG Würzburg, Beschluss v. 13.09.2018 – 11 O 1741/18 UWG). Dies bedeutet, dass nach Auffassung des Landgerichts Würzburg jedenfalls bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß Art. 13, 14 DS-GVO eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zulässig ist.

Auch das Hanseatische Oberlandsgericht Hamburg hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob bei datenschutzrechtlichen Verstößen ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch eines Mitbewerber besteht (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil v. 25.10.2018 – 3 U 66/17). Anders als die Landgerichte Bochum, Wiesbaden und Magdeburg ist das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg der Ansicht, dass die DS-GVO gerade kein abschließendes Sanktionssystem enthalte, weshalb ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht von vorneherein ausgeschlossen sei. Allerdings beschränkt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg einen solchen Unterlassungsanspruch – und damit die Zulässigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung – auf Verstöße gegen solche datenschutzrechtliche Vorschriften, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Nach Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg muss daher für jede datenschutzrechtliche Regelung gesondert geprüft werden, ob sie marktverhaltensregelnden Charakter hat. Einen solchen hat das Hanseatische Oberlandsgericht Hamburg im Streitfall für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ohne Einwilligung der betroffenen Personen verneint, da jedenfalls im konkreten Fall ein Marktbezug nicht bestanden habe.

TIPP: Sollten Sie eine Abmahnung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Vorschriften erhalten, sollten Sie weder vorschnell eine Unterlassungserklärung abgeben und die geforderten Rechtsanwaltskosten erstatten noch die Abmahnung pauschal zurückweisen oder gar ignorieren. Zu empfehlen ist, die Abmahnung und die darin behaupteten Verstöße einer sorgfältigen, fachkundigen Prüfung zu unterziehen, um sachgerecht reagieren zu können. Hierfür stehen wir gerne zur Verfügung.

Zurück