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Zur Verjährung des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses

|   Erbrecht

(BGH, Urteil vom 31.10.2018 – AZ: IV ZR 313/17 -, ErbR 2019, 95-99)

Leitsatz

Der im Rahmen einer Stufenklage von dem Pflichtteilsberechtigten geltend gemachte Anspruch auf Auskunft durch Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses hemmt grundsätzlich auch die Verjährung des Anspruchs auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Tochter des im Jahre 2002 vorverstorbenen Sohnes der im Dezember 2011 verstorbenen Erblasserin, also deren Enkelin. Die Beklagten sind zwei weitere Kinder der Erblasserin. Beide wurden von der Erblasserin nach dem Tod des Vaters der Klägerin durch notarielles Testament zu ihren Erben eingesetzt. Der Klägerin wendete sie dabei ein Vermächtnis in Höhe von 1/3 des Wertes ihres Netto-Nachlasses zu, jedoch abzüglich eines Betrages von 112.000 €, der dem Vater der Klägerin als Darlehen gewährt worden sei. Dieses Vermächtnis schlug die Klägerin nach dem Tod der Erblasserin gem. § 2306 BGB aus und beanspruchte den Pflichtteil. Außergerichtlich forderte sie die Beklagten zur Auskunft über den Nachlass durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses auf. Da zwischen den Beteiligten keine Einigung zustande kam, erhob die Klägerin im Dezember 2014 Stufenklage, wobei sie in der Auskunftsstufe die Vorlage eines von den Beklagten unterschriebenen Nachlassverzeichnisses verlangte. Im Juli 2016 änderte sie diesen Klageantrag dahingehend, dass sie nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangte. Die Beklagten haben dieser Änderung des Klageantrags nicht zugestimmt und sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat dem Klageantrag auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb beim Oberlandesgericht ebenso erfolglos wie die Revision der Beklagten beim BGH.

Entscheidungsgründe des BGH

Der BGH bestätigt, dass der auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses gerichtete Anspruch und Klageantrag nicht verjährt sind, da die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) rechtzeitig gehemmt worden sei. Die Verjährung des Anspruchs auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses werde durch den zuvor in nicht verjährter Zeit gestellten Klageantrag auf Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses gehemmt.

§ 204 BGB liege das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner so klar erkennbar mache, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden. Entscheidend sei daher, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt. Der Anspruchsgegner müsse erkennen können, worum es gehe.

Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH gebe es Ausnahmen von dem Grundsatz, dass eine Klage die Verjährung von Ansprüchen nur in dem Umfang hemme, wie sie mit der Klage rechtshängig wurden, nämlich dann, wenn die geltend gemachten Ansprüche materiell-rechtlich wesensgleich sind, dem gleichen Endziel dienen und der zur Begründung des später erhobenen Anspruchs vorgetragene Lebenssachverhalt in seinem Kern bereits Gegenstand der früheren Klage gewesen ist.

Dies sei bei den Auskunftsansprüchen nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 der Fall, da sie materiell-rechtlich wesensgleich seien, aus dem gleichen, vom Klagevortrag umfassten Lebenssachverhalt resultieren und dem gleichen Endziel dienen, nämlich der Berechnung und Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs.

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