33 / 2022

Verfassungsbeschwerden gegen Masern-Impfpflicht

|   33 / 2022

Die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes durch das Masernschutzgesetz sind hinsichtlich der Regelungen bei Betreuung in Kindertageseinrichtungen oder der Kindertagespflege verfassungsgemäß

 

Nach § 20 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG müssen unter anderem Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung (zum Beispiel Kindertageseinrichtung oder erlaubnispflichtige Kindertagespflege) betreut werden, einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder eine Immunität gegen Masern aufweisen. Die Pflicht, einen solchen Impfschutz aufzuweisen, gilt auch, wenn ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten (§ 20 Abs. 8 Satz 3 IfSG). Kinder, die in solchen Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden sollen, müssen der Einrichtungsleitung vor Beginn ihrer Betreuung einen Nachweis darüber vorlegen, dass ein ausreichender Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern besteht oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerden mehrerer Familien gegen die Masern-Impfpflicht zurückgewiesen (Beschluss vom 21.07.2022 – 1 BvR 469/20 u.a.). Es hat die gerügten Eingriffe sowohl in das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG als auch diejenigen in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) der Kinder bei verfassungskonformer Auslegung von § 20 Abs. 8 Satz 3 IfSG als verfassungsrechtlich gerechtfertigt angesehen.

Verfassungskonform muss diese Vorschrift nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts so verstanden werden, dass bei ausschließlicher Verfügbarkeit von Kombinationsimpfstoffen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten als Masern enthalten, die Pflicht aus § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG nur besteht, wenn es sich nicht um andere Impfstoffkomponenten als solche gegen Mumps, Röteln oder Windpocken handelt (BVerfG Rn. 94). Allein auf Mehrfachimpfstoffe gegen diese Krankheiten beziehen sich die vom Gesetzgeber des Masernschutzgesetzes getroffenen grundrechtlichen Wertungen.

In diesen Grenzen seien die Grundrechtseingriffe daher zu­mutbar, um besonders gefährdete Menschen vor einer Infek­tion zu schützen.

Bei Rückfragen:RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)