Newsletter 03/2021
Arbeitsrecht
Eine Ausschlussklausel, die alle wechselseitigen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche erfasst, ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig
Das Bundesarbeitsgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Frage zu klären war, ob die klagende Arbeitnehmerin zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 101.372,73 € verpflichtet war. In dem Arbeitsvertrag der Parteien war u.a. Folgendes vereinbart:
„§13 Verfallfristen
Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von 1 Monat einzuklagen.“
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis und machte im Kündigungsschutzprozess widerklagend Schadensersatzansprüche in Höhe von 101.372,73 € geltend. Das Arbeitsgericht hat die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, den Schadenersatzbetrag nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht war unter Hinweis auf die bisherige BAG-Rechtsprechung der Auffassung, dass die Verfallklausel für die streitigen...
WeiterlesenErbrecht
Zulässigkeit des Ausschlusses des Ausgleichungsanspruchs eines Abkömmlings durch Testament des Erblassers
Orientierungssatz
- § 2057a BGB, den § 2316 Abs. 1 BGB in das Pflichtteilsrecht überträgt, begründet kein Recht des besondere Leistungen (hier: Pflegeleistungen) erbringenden Abkömmlings am Nachlass oder einen Anspruch gegenüber dem Erblasser, in das oder den dieser nicht eingreifen dürfte.
- § 2057a BGB geht von der Vermutung aus, der Erblasser habe in den dort geregelten Fällen die Ausgleichung gewollt. Für eine solche Vermutung ist aber kein Raum, wenn sich der Erblasser durch eine Verfügung von Todes wegen eindeutig geäußert und das Erbe nicht der gesetzlichen Erbfolge entsprechend aufgeteilt hat.
- Auch ohne die ausdrückliche Bezeichnung des Ausgleichungsanspruchs und ohne dessen ausdrücklichen Ausschluss im Testament kann die Testamentsauslegung ergeben, dass der Erblasser einen Ausgleichungsanspruch des Abkömmlings für seine erbrachten Leistungen ausschließen wollte.
Sachverhalt
Nach § 2316 Abs. 1 BGB bestimmt sich der Pflichtteil eines Abkömmlings, wenn mehrere Abkömmlinge...
WeiterlesenZu den Anforderungen an ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten
Leitsatz
- Ein gemeinschaftliches Testament kann durch Ehegatten nicht nur in einer einzelnen, sondern auch in zwei getrennten Urkunden errichtet werden. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Erklärung ist es aber nicht ausreichend, dass die beiden Einzelurkunden am gleichen Tag und Ort und mit im Wesentlichen gleichem Inhalt errichtet worden sind, wenn sie darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die Eheleute als gemeinschaftlich erklärend aufgetreten sind.
- Zu den Voraussetzungen der Amtsaufklärung der Testierfähigkeit der zur Zeit der Errichtung des Testaments unter Betreuung stehenden Erblasserin.
Sachverhalt
Die Beteiligten sind die einzigen Abkömmlinge der im Jahre 1933 geborenen Erblasserin und ihres im Jahre 2018 vorverstorbenen Ehemannes.
Am 26.06.2014 errichtete die Erblasserin unter der Überschrift "Mein Testament" ein handschriftliches Testament mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:
"Ich bin mit C. A. verheiratet. Aus unserer Ehe sind drei Kinder...
WeiterlesenSchlusserbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament von Ehegatten
Leitsatz
Setzen Eheleute einander gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zu alleinigen Erben und "im Falle eines gemeinsamen Ablebens" die namentlich bezeichneten Nichten der Ehefrau als Erben ein, so kann der in letzterer Bestimmung zum Ausdruck gebrachte Erblasserwille im Sinne einer Schlusserbeneinsetzung ausgelegt werden.
Sachverhalt
Die Ehefrau des Erblassers ist im Juni 2010 vorverstorben. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind ihre Nichten. Die Beteiligten zu 3) bis 13) sind Verwandte des Erblassers.
Im März 2007 errichteten der Erblasser und seine Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament mit folgendem Wortlaut:
Wir, die Eheleute…. setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden zum alleinigen Erben ein
Im Falle eines gemeinsamen Ablebens setzen wir als Erben ein:
60 % des Gesamtwertes: B.….
40 % des Gesamtwertes: K.…
Düsseldorf, den 26.03.2007
(Unterschriften des Erblassers und seiner Ehefrau)
Die beiden Nichten der vorverstorbenen Ehefrau...
WeiterlesenSteuerrecht
Zinssatz von 0,5 % pro Monat gemäß §§ 233a, 238 Abgabenordnung (AO) ist für alle Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar
Seit vielen Jahren ist die Höhe des in der Abgabenordnung festgelegten Zinssatzes von 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr für Zinsen auf nachzuzahlende Steuern im Hinblick auf die veränderten Verhältnisse auf dem Kapitalmarkt umstritten gewesen. Mit seinem Beschluss vom 08.07.2021 hat das Bundesverfassungsgericht diese Höhe des Zinssatzes für die Zeit ab dem 01.01.2014 für unvereinbar mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und damit für verfassungswidrig erklärt.
Zwar stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Gesetzgeber bei der Auswahl eines Zinsgegenstands und bei der Bemessung eines Zinssatzes typisierende Regelungen treffen und dabei in erheblichem Umfang die Praktikabilität mit dem Ziel der Einfachheit der Zinsfestsetzung und Zinserhebung berücksichtigen darf. Zinsregelungen müssen aber grundsätzlich in der Lage sein, den mit ihnen verfolgten Belastungsgrund realitätsgerecht abzubilden. Werden Zinsen als steuerliche Nebenleistungen allein zum Zweck des...
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