Newsletter 03/2023
Erbrecht
Testamentsauslegung: Änderungsvorbehalt beim Ehegattentestament
Leitsatz
Wird in einem gemeinsamen Testament durch die Eheleute bestimmt, "dass der Letztversterbende berechtigt ist, das Testament noch einseitig abzuändern, jedoch nur, indem die Verteilung des Nachlasses unter den Kindern anders geregelt wird", kann diese Änderungsbefugnis dahingehend ausgelegt werden, dass eines der Kinder das gesamte Erbe erhält. Denn in diesem Fall handelt es sich streng genommen auch um eine "andere Verteilung" des Nachlasses.
Sachverhalt
Die Ehefrau des Erblassers war im Jahre 2004 vorverstorben. Die Ehegatten hatten vier gemeinsame Kinder. Sie waren zu je 1/2-Anteil Miteigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Hausgrundstücks, das im Jahre 2003 in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde. Aufgrund dieser Aufteilung waren die Ehegatten nur noch jeweils hälftige Eigentümer der Wohnung im Erdgeschoss. Die Wohnung im Obergeschoss wurde dem Sohn G. zu Eigentum übertragen.
In einem gemeinschaftlichen handschriftlichen Testament vom Januar 2004 setzten sich...
WeiterlesenBerechtigung des Pflichtteilsberechtigten für Beschwerde gegen Untätigkeit des Notars?
Leitsatz
Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht im Wege der Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 Bundesnotarordnung von dem vom Erben beauftragten Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen.
Sachverhalt
Die Erbin des im Mai 2018 verstorbenen Erblassers beauftragte im Juli 2019 den Notar mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, zu dessen Vorlage an den Pflichtteilsberechtigten sie durch Anerkenntnisurteil gerichtlich verpflichtet wurde. Der Notar nahm den Auftrag an. Das Nachlassverzeichnis hat er jedoch bisher nicht erstellt.
Deshalb hat der Pflichtteilsberechtigte nach mehrfacher Aufforderung an den Notar, das Nachlassverzeichnis zu erstellen, beim Landgericht Notarbeschwerde gegen dessen Untätigkeit erhoben. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die von ihm zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der der Pflichtteilsberechtigte unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts die Anweisung an...
WeiterlesenBindende Erbeinsetzung des Bruders des Erblassers in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament
Leitsatz
- „Nahestehen“ im Sinne des § 2270 Abs. 2 BGB ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, wobei an den Begriff hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine bindende Schlusserbeneinsetzung des Bruders des Erblassers kann vorliegen, wenn in der gemeinschaftlichen testamentarischen Anordnung ein besonderer Grund für die Erbeinsetzung aufgenommen worden ist.
- Die Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung erfasst auch einen angewachsenen Erbanteil.
Sachverhalt
Der Erblasser ist im Jahre 2022 verstorben. Seine Ehefrau ist bereits im Jahre 2006 vorverstorben. Die Beteiligte zu 2) ist das einzige Kind des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau.
Die Beteiligte zu 3) ist die Ehefrau des im Jahre 2021 vorverstorbenen Bruders des Erblassers.
Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau haben im Jahre 2005 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament errichtet mit u. a. folgendem Inhalt:
"Testament:
Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen Erben...
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