Newsletter 04/2020
Wir wünschen unseren Mandantinnen und Mandanten sowie den Leserinnen und Lesern unseres Newsletters ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2021.
Arbeitsrecht
Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung
Mit dem oben genannten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass im Zusammenhang mit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung Urlaub auch vorsorglich für den Fall gewährt werden kann, dass das Arbeitsverhältnis mit dem betreffenden Arbeitnehmer nicht durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst wird. Der Entscheidung zugrunde lag eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber hatte in dem Kündigungsschreiben für die hilfsweise ordentliche Kündigung dem Arbeitnehmer sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub gewährt. Die Parteien einigten sich in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auf eine ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer war nun der Auffassung, dass ihm noch Urlaubsentgelt zusteht, weil die vorsorgliche Urlaubsgewährung für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht zulässig sei. Dem erteilte das Bundesarbeitsgericht eine Absage.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes kann der...
WeiterlesenEin Aufhebungsvertrag, der unter Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns zustande gekommen ist, kann unwirksam sein
In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall war eine Arbeitnehmerin als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsah. Der Anlass und der Ablauf der Vertragsverhandlungen waren zwischen den Parteien im Wesentlichen streitig. Nach Darstellung der Arbeitnehmerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hatte den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wandte sie sich u. a. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes konnte die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag, obwohl er in ihrer Wohnung geschlossen wurde, nicht widerrufen. Der Anwendungsbereich für ein Widerrufsrecht gemäß § 355 i.V.m. § 312g Abs. 1, § 312b BGB sei...
WeiterlesenErbrecht
Erbschaftsteuerfestsetzung gegen unbekannte Erben
Leitsatz
- Die Festsetzung von Erbschaftsteuer gegen unbekannte Erben ist zulässig, wenn hinreichend Zeit zur Verfügung stand, die Erben zu ermitteln.
- Für eine Erbenermittlung, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, ist ein Zeitraum von einem Jahr ab dem Erbfall in der Regel angemessen. Jedenfalls nach Ablauf von drei Jahren und fünf Monaten ist es auch bei besonders schwierigen Erbenermittlungen nicht zu beanstanden, Erbschaftsteuer gegen unbekannte Erben festzusetzen.
- Der Bescheid ist dem Nachlasspfleger bekanntzugeben.
Sachverhalt
Der Erblasser ist am 27.02.2014 verstorben. Da seine Erben zunächst nicht ermittelt werden konnten, wurde vom Nachlassgericht am 05.06.2014 ein Nachlasspfleger bestellt. Nachdem dieser bei dem beklagten Finanzamt eine Erbschaftsteuererklärung abgegeben hatte, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 24.09.2015 die Erbschaftsteuer auf 265.500,00 € fest. Dabei ging es im Wege der Schätzung von 30 Erben der Steuerklasse III mit gleichen...
WeiterlesenZur Auslegung letztwilliger Verfügungen in dem Fall, dass zwei aufeinander folgende Testamente vorliegen und das spätere keinen ausdrücklichen Widerruf des früheren enthält.
Sachverhalt
Die Erblasserin ist am 03.11.2019 verstorben. Der Beteiligte zu 1) und Beschwerdeführer des Verfahrens war ein Freund von ihr. Der Beteiligte zu 2) und Beschwerdegegner des Verfahrens war ihr langjähriger Lebensgefährte, mit dem sie seit April 2006 bis einige Wochen vor ihrem Tod zusammen lebte.
Am 29.08.2011 errichtete die Erblasserin vor einem Notar in N. ein Testament. Darin setzte sie den Beteiligten zu 2) zu ihrem Alleinerben ein. In dem Testament hieß es u. a.:
"Zu meinem alleinigen Erben wird mein Lebensgefährte berufen, und zwar: S. B., geboren am… 1962.
Vermächtnisse sollen nicht angeordnet werden.
Weitere Verfügungen von Todes wegen sollen heute nicht getroffen werden."
Etwa acht Monate später verfasste die Erblasserin handschriftlich ein mit "Mein Testament" überschriebenes Schriftstück. Darin hieß es:
"Ich verfüge heute, dass meine Kröten… der oder diejenige Person bekommt die nach mir sieht bez. sich um mich kümmert. (Patientenverfügung und...
WeiterlesenPflichtteilsentziehung, Anforderungen an ein Nachlassverzeichnis und Wertermittlung, Zurückbehaltungsrecht bei Auskunftsansprüchen
Leitsatz
- Die Formulierung in einem Testament, ein enterbter Abkömmling habe "seinen gesamten Erbteil bereits genommen", kann nicht ohne weiteres als Entziehung des Pflichtteils ausgelegt werden.
- Fotos von Nachlassgegenständen sind nicht geeignet, das gemäß §§ 2314, 260 BGB geschuldete Bestandsverzeichnis zu ersetzen.
- Eine den Anforderungen des § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB genügende Begutachtung setzt voraus, dass der Sachverständige das zu bewertende Grundstück selbst in Augenschein nimmt und sich nicht auf Angaben des Erben verlässt.
- Ein Zurückbehaltungsrecht ist durch die besondere Natur des Auskunftsanspruchs ausgeschlossen, selbst wenn der Gegenanspruch ebenfalls auf die Erteilung einer Auskunft gerichtet ist.
Sachverhalt
Der Kläger macht den Pflichtteil nach dem vom Beklagten beerbten Großvater der Parteien geltend. Dieser hat ein handschriftliches Testament errichtet. Darin heißt es u. a.:
"Mein Enkel E. soll allein mein verbliebenes Vermögen erben. Land, Hofstelle, Bar-...
WeiterlesenCorona-Pandemie befreit nicht von Notartermin Zur Frage der vorübergehenden Unmöglichkeit der Wahrnehmung eines Termins zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses im Hinblick auf eine behauptete Gefährdung durch Covid-19.
Sachverhalt
Die Schuldnerin wendet sich gegen die Verhängung eines Zwangsgeldes, mit dem sie zur Erteilung der im Wege eines Teilanerkenntnisurteils titulierten Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses angehalten werden soll. Zur Begründung führt sie aus, ein für den 16.04.2020 vereinbarter Termin mit dem Notar bei ihr habe im Hinblick auf die "momentane Situation" verschoben werden müssen, da sie wegen ihrer eigenen stark erhöhten Gefährdungslage derzeit jegliche Kontakte mit Dritten vermeide. Sie habe alles Erforderliche für die Erstellung des Verzeichnisses getan.
Entscheidungsgründe des OLG Frankfurt
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Schuldnerin wendet eine vorübergehende Unmöglichkeit ein, während deren Dauer Zwangsmaßnahmen gemäß § 888 ZPO unzulässig sind. Hierfür ist die Beklagte indes darlegungs- und beweispflichtig. Ihre Ausführungen zu einer Terminsaufhebung im Hinblick auf die "eigene stark erhöhte Gefährdungslage" –...
WeiterlesenInsolvenz- und Restrukturierungsrecht
Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens für Insolvenzanträge ab 01.10.2020
Der Gesetzentwurf wurde in die Ausschüsse überwiesen. Eine Beschlussfassung ist bisher noch nicht erfolgt, sodass eine weitere Verkürzung der Restschuldbefreiung auf 3 Jahre noch nicht erfolgt ist. Ob eine Rückwirkung des Gesetzes auf den 1. Oktober 2020 erfolgt, bleibt abzuwarten. Vorsorglich sollte daher anwaltliche Beratung bei einer beabsichtigten Verbraucherinsolvenz in Anspruch genommen werden.
WeiterlesenEntwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts
Die Bundesregierung hat kürzlich den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf enthält insbesondere den Entwurf eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens, geregelt im sogenannten Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Der Entwurf des vorgenannten Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsmaßnahmen wurde bisher noch nicht beschlossen. Die Weiterentwicklung des Gesetzgebungsverfahrens bleibt vor diesem Hintergrund nach wie vor abzuwarten.
Der vorgenannte Gesetzentwurf enthält neben dem StaRUG Änderungen weiterer Gesetzestexte. Wir geben Ihnen im Folgenden einen Überblick über die geplanten Änderungen:
Art. 1: Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG):
Mit verschiedenen Restrukturierungsinstrumenten wird ein außerinsolvenzliches Sanierungsverfahren durch dieses...
WeiterlesenVersicherungsrecht
Betriebsschließungsversicherung und Corona – die Rechtsprechung bleibt uneinheitlich
Nahezu täglich werden Urteile zur Eintrittspflicht der Betriebsschließungsversicherung aufgrund coronabedingter Betriebsschließungen veröffentlicht.
Das Landgericht München hat mit Urteil vom 22.10.2020, Az. 12 O 5868/20 der Klage einer Betreiberin eines Gasthauses gegen die Betriebsschließungsversicherung stattgegeben. Der Betrieb sei aufgrund des Infektionsschutzgesetzes geschlossen worden. Daran ändere auch der rechtlich zulässige Außerhausverkauf nichts. Dieser stelle nur ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft dar.
Der Versicherungsumfang sei auch nicht auf bestimmte Krankheiten bzw. Erreger eingeschränkt. Die verwendete Klausel sei intransparent und damit unwirksam. Es fehle eine klare und deutliche Formulierung wie z. B. „nur die Folgenden: …".
Weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Liquiditätshilfen seien anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
Ähnlich argumentiert das Landgericht Magdeburg in einer Entscheidung vom 06.10.2020, Az. 31 O 45/20.
Demgegenüber haben das...
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