Sonder-Newsletter Corona-Ausbreitung II

Sehr geehrte Damen und Herren,

täglich treten weitere und teilweise völlig neue Fragestellungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise auf.
Mit diesem Sonder-Newsletter Corona-Ausbreitung II möchten wir Ihnen weiterhin Orientierung in diesen herausfordernden Zeiten geben.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwälte HEIMES & MÜLLER GbR
Trierer Straße 8-10
66111 Saarbrücken

Telefon: 0681 / 410 10
Telefax: 0681 / 410 1-279
Mail: rae@heimes-mueller.de


Inhalt:

  • I. Aktuelle Eindämmungsmaßnahmen: Was ist verboten? Was bleibt erlaubt?
  • II. Sanierungs- und insolvenzrechtliche Probleme in der Corona Krise
    • 1. Geplante Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
    • 2. Sofortmaßnahmenpaket KMU
  • III. Auswirkungen der Corona-Krise auf Finanzierungsverträge
  • IV. Reiserechtliche Folgen
  • V. Kann ich als Gewerbebetrieb wegen Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie die Miete einbehalten bzw. kürzen?
  • VI. Corona und das geschlossene Fitnessstudio  

I. Aktuelle Eindämmungsmaßnahmen:

Was ist verboten? Was bleibt erlaubt? Was ist die Rechtsgrundlage? Am 16.03.2020 haben der Bund und die Länder eine „Leitlinie zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich angesichts der Corona-Epidemie in Deutschland" vereinbart. Die rechtsverbindliche Umsetzung von Verboten bleibt in der Zuständigkeit der Länder. Für das Saarland hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes gestern eine Allgemeinverfügung erlassen, die am 18.03.2020 in Kraft tritt und vorerst bis zum 20.04.2020 gilt.

Die Allgemeinverfügung enthält einen umfassenden Katalog von Verboten, die den privaten und unternehmerischen Bereich betreffen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, ob sie begrifflich von einem der Verbotstatbestände umfasst sind und ihr Unternehmen schließen müssen. Vorsicht ist geboten bei der verkürzten bzw. zusammenfassenden Darstellung in den Medien. Rechtsverbindlich ist alleine der Inhalt der Allgemeinverfügung, die anhand der gesetzlichen Grundlagen auszulegen ist. Im Zweifelsfall können Sie sich gerne an uns wenden.

Den Wortlaut der Allgemeinverfügung finden Sie unter folgendem Link auf den Internetseiten des Ministeriums.

Was sind die wesentlichen Verbote?

Verboten werden insbesondere Veranstaltungen, Versammlungen oder sonstiger Ansammlungen mit mehr als fünf Personen. Ausdrücklich ausgenommen sind unter bestimmten Voraussetzungen private Familienfeiern, wenn sie in den privaten Wohnräumen stattfinden. Darüber hinaus wird der Betrieb sämtlicher Einrichtungen der Freizeitgestaltung untersagt. Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sind verboten. Der Betrieb von Gaststätten wird erheblich eingeschränkt. Ladengeschäfte des Einzelhandels dürfen nur noch eingeschränkt öffnen, soweit sie den Bedarf des täglichen Lebens decken. Besuche in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind nur noch eingeschränkt zulässig. Die bisherigen Verbote und Schließungen öffentlicher Einrichtungen (Schulen, Kindertagesstätten, Universitäten usw.) gelten weiter.

Was droht bei Zuwiderhandlungen?

Zuwiderhandlungen können als Ordnungswidrigkeit u. a. mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Das gilt auch bei fahrlässigen Verstößen. Wer die Zuwiderhandlung vorsätzlich begeht und dabei Krankheitserreger verbreitet, kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Wir empfehlen dringend, sich zur Vermeidung ungewollter Verstöße mit den einzelnen Verboten der Allgemeinverfügung auseinanderzusetzen.

Wie kann ich Ausnahmen beantragen? / Welche Rechtsmittel gibt es?

In einigen wenigen Teilbereichen des Verbotskataloges können im Einzelfall Ausnahmen beantragt werden, wenn sie in infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sind. Hierüber entscheidet auf Antrag die zuständige Ortspolizeibehörde.

Betroffene können gegen die Allgemeinverfügung Klage beim Verwaltungsgericht des Saarlandes erheben. Da die sofortige Vollziehbarkeit der Allgemeinverfügung angeordnet wurde, hätte eine Klage keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnung müsste weiter befolgt werden. Zusätzlich ist deswegen ein gerichtlicher Eilantrag erforderlich, der auf Aussetzung der Vollziehung gerichtet ist. Wegen der aktuellen Ausnahmesituation und dem hohen Rechtsgut des Gesundheitsschutzes dürften die Rechtsmittel in den wenigsten Fällen Aussicht auf Erfolg haben. Höchstens in besonders gelagerten Härtefällen sollte ein Rechtsmittel unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Erwägung gezogen werden.

Rechtsanwalt Dr. Markus Groß
Fachanwalt für Verwaltungsrecht Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

II. Sanierungs- und insolvenzrechtliche Probleme in der Corona Krise

1. Geplante Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Es soll verhindert werden, dass Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, weil die beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig ankommen oder Finanzierungs- bzw. Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen Lage nicht innerhalb der 3 Wochen Frist abgeschlossen werden können. Ausgesetzt werden soll die 3-Wochen-Frist zur Antragstellung im Falle der Zahlungsunfähigkeit, wobei diese Regelung für einen Zeitraum bis voraussichtlich zum 30.09.2020 gelten soll. Voraussetzung für diese Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Trotz oder gerade aufgrund dieser geplanten Regelung sollte im Falle der zwangsweisen Geschäftsstilllegung oder etwaigen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens eine umfassende Beratung erfolgen. Diese geplante Regelung führt nicht zur Behebung möglicher Krisenursachen.

Rechtsanwalt Dr. Michael Bach

2. Sofortmaßnahmenpaket KMU

Das nahezu vollständige Erlahmen des öffentlichen Lebens durch die „Corona-Krise“ über Wochen macht sofortiges Handeln, gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen, erforderlich, um eine Gefährdung des Bestands des Unternehmens durch einbrechende Umsätze bei gleichzeitig weiterlaufenden Kosten zu verhindern. Als Sofort-Maßnahmen-Paket sind aus rechtlicher Sicht die folgenden Schritte geboten:

  • Regelungen im arbeitsrechtlichen Bereich, angefangen von Kurzarbeitergeld über sofortigen Bezug von Arbeitslosengeld bis hin zur Aufbringung offen stehender Löhne
  • Herbeiführung von Stundungsvereinbarungen mit Gläubigern
  • Insolvenzfeste Herbeiführung von Stundungsvereinbarungen mit Kunden
  • Erlangung öffentlicher Zuschüsse und Darlehen
  • Verhandlungen mit dem Finanzamt über Steuerstundungen
  • Betriebswirtschaftliche Sanierungsberatung

Gerne stehen wir Ihnen zu den oben genannten Beratungsfeldern und allen anderen Fragestellungen im Zusammenhang mit der „Corona-Krise“ gerne jederzeit zur Verfügung.

Rechtsanwalt Dr. Alexander Mohr
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht  

III. Auswirkungen der Corona-Krise auf Finanzierungsverträge

Die angeordneten Schließungen von bestimmten Betrieben sowie die sonstigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens werden vielfältige nachteilige Auswirkungen auf die Wirtschaft insgesamt und die am Markt tätigen Unternehmer und Unternehmen haben.

Dies betrifft u. a. auch bestehende Finanzierungsverträge wie bspw. Kredit- und Darlehensverträge, da solche Finanzierungsverträge vielfach und zum Teil sehr weitreichende Verpflichtungen des Kreditnehmers vorsehen. Als Beispiele seien hier Informationspflichten in Bezug auf wesentliche nachteilige Veränderungen der Finanz- und Ertragslage, die Einhaltung vertraglich vereinbarter Finanzkennzahlen (z. B. Verschuldungsgrad, Schuldendienstdeckungsgrad, etc.) oder die Vorlage aktueller Budget- und sonstiger Planungen genannt. Schon wenn Kunden und/oder Lieferanten in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, kann dies massive Auswirkungen auf die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit auf die Einhaltung der Verpflichtungen unter einem Finanzierungsvertrag haben.

Vor diesem Hintergrund ist jedem Kreditnehmer zu empfehlen, sich mit den Verpflichtungen unter seinen Kreditverträgen vertraut zu machen. Bei sich abzeichnenden Schwierigkeiten und eventuell erforderlichen Zugeständnissen der Kreditgeber sollte frühzeitig der Kontakt zu den Kreditgebern – ggfs. unter Hinzuziehung professioneller Berater – gesucht werden.

Rechtsanwalt Patrick Steinhausen,
LL.M.  

IV. Reiserechtliche Folgen

Aufgrund der sich ständige ändernden Gesamtumstände stellt sich für viele Urlauber die Frage, wer für etwaige Stornierungskosten einer Reise aufkommt. Die Beantwortung dieser Fragen hängt von den Details der gebuchten Reise (Pauschal- oder Individualreise) ab, so dass zwingend im Einzelfall zu prüfen ist, ob und wem gegenüber Sie ggf. Ansprüche geltend machen können.

Rechtsanwalt Dr. Michael Bach

V. Kann ich als Gewerbebetrieb wegen Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie die Miete einbehalten bzw. kürzen?

Es gilt der Grundsatz „pacta sunt servanda“. Der Mietvertrag mit der Pflicht zur Zahlung der Miete ist grundsätzlich zu erfüllen. Grund ist, dass die Pflicht zur Zahlung der Miete Gegenleistung dafür ist, dass der Vermieter dem Mieter das Recht zur Nutzung überlässt. Nur dann, wenn der Vermieter das Recht zur Nutzung nicht gewährt oder dieses wegen Mängeln der Mietsache eingeschränkt ist, besteht ein Anspruch darauf die Miete zu kürzen oder einzubehalten. Die Nutzungsrechte werden wegen derzeitiger Maßnahmen jedoch nicht durch den Vermieter eingeschränkt, sondern durch behördliche Auflagen, die der Vermieter sich nicht zurechnen lassen muss. Auch persönliche Nutzungshindernisse, wie beispielsweise Quarantäne der Mitarbeiter, begründen keine Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache im Sinne der gesetzlichen Mängelrechte.

Mieter sollten daher – bevor Mietzahlungen eingestellt werden – das Gespräch mit den Vermietern suchen, um ggf. Stundungsvereinbarungen oder Nachlass zur Zahlung der Miete zu vereinbaren. Wird die Miete ohne Zustimmung des Vermieters einbehalten, droht die (außerordentliche) Kündigung des Mietvertrages und Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.

Rechtsanwältin Lisa-Kathrin Held  

VI. Corona und das geschlossene Fitnessstudio

Im Zuge der abermals verschärften regierungsseitigen Maßnahmen im Kampf gegen das Corona-Virus müssen nun auch Fitnessstudios deutschlandweit ihren Betrieb einstellen.

Fitnesskunden fragen sich nun:
Muss ich weiterhin meine Beiträge zahlen, obwohl mein Gym geschlossen hat?

Antwort:Ist das Fitnessstudio kraft behördlicher Anordnung geschlossen, entfällt damit auch die Pflicht zur Entrichtung der Mitgliedsbeiträge. Der Fitnessstudiovertrag ist ein gegenseitiger Vertrag: Der Fitnessstudiobetreiber muss dem Kunden die Nutzung der Sportgeräte in seinen Räumlichkeiten ermöglichen. Daneben kann auch – je nach Fassung des Vertrages - die Einweisung, Beratung und Unterrichtung des Kunden an den Sportgeräten oder in Sportkursen geschuldet sein. Im Gegenzug verpflichtet sich der Fitnesskunde dazu, dem Fitnessstudio-Betreiber ein nach Zeitabständen (wöchentlich/monatlich/quartalsweise) bemessenes Entgelt zu zahlen.

Wird den Fitnessstudios nun kraft einer staatlichen Verfügung der weitere Betrieb untersagt, so kann der Fitnessstudio-Betreiber seinen vertraglichen Pflichten aus dem Fitnessstudiovertrag – Nutzung/Zurverfügungstellung der Fitnessgeräte und Nutzung der Räumlichkeiten des Fitnessstudios – nicht mehr nachkommen. Da ihm hier die staatlichen Behörden ein ausdrückliches Verbot ausgesprochen haben, liegt ein Fall der sogenannten “Unmöglichkeit" (§ 275 BGB) vor. Er kann die vertraglich zugesagte Leistung aus Rechtsgründen nicht mehr erbringen. Rechtliche Folge für den Fitnessstudio-Nutzer ist nunmehr, dass auch er von der Erfüllung seiner Pflichten aus dem Fitnessstudio-Vertrag befreit wird; er muss seinen Beitrag nicht mehr bezahlen. Der Fitnessstudio-Kunde kann nun also abwägen, ob er seinen Beitrag für die Zeit der Schließung einstellt oder ob er seine Beiträge – auch unter Berücksichtigung einer wirtschaftlich tragfähigen Fortführung des Fitnessstudio-Betriebs – einstweilen weiter bezahlt. Eine spätere Rückforderung des Beitrages während der Corona-bedingten Schließung ist bei Weiterzahlung aber nur dann möglich, wenn die Zahlung des Beitrages ausdrücklich unter Vorbehalt erfolgt.

Rechtsanwalt Matthias-Alexander Fries