23 / 2022

Start-Up-Unternehmen und Überschuldungsprüfung

|   23 / 2022

Das OLG Düsseldorf (Beschluss v. 09.02.2022 – 12 U 54/21) hatte sich wiederholt mit den Besonderheiten des Geschäfts- und Finanzierungsmodells von Start-Up-Unternehmen im Rahmen einer insolvenzrechtlichen Überschuldungsprüfung zu beschäftigen.

Streitgegenständlich waren Haftungsansprüche des Insolvenzverwalters einer UG gegen den Geschäftsführer wegen Zahlungen nach behaupteter Insolvenzreife des Start-Up-Unternehmens. Das Gericht stellte heraus, dass die Anforderungen an die Fortführungsprognose im Lichte der Besonderheiten eines Start-Up-Unternehmens betrachtet werden müssen. Ausreichend und erforderlich ist nach Auffassung des Gerichts daher, dass das Unternehmen mit überwiegender, d. h. als 50%iger Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, seine im Prognosezeitraum fälligen Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Bereitstellung oder Zusage externer Finanzierungsmittel zu decken. Dies setzt voraus, dass eine nachvollziehbare, realistische (Finanz-)Planung mit einem operativen Konzept vorliegt, das die geplante Geschäftsausrichtung erfolgversprechend erscheinen lässt. Eine erfolgversprechende Marktentwicklung stellt mithin einen Umstand dar, aus dem sich eine positive Fortführungsprognose ergeben kann.

Ohne eine verbindliche Finanzierungszusage kann aber selbst die Bereitschaft eines Investors eine positive Fortführungsprognose nur dann begründen, wenn dieser die Bereitstellung weiterer Mittel von der Vorlage einer entsprechenden Planung abhängig gemacht hat. Nur in diesem Fall könne sich der Geschäftsführer darauf verlassen, dass die Finanzierung bis zur Etablierung am Markt gesichert sei und damit die Finanzierung nicht in jedem Einzelfall allein vom Willen des Investors abhängt.

Trotz dieser Rechtsprechung birgt die regelmäßige Fremdfinanzierung von Start-Up-Unternehmen für Geschäftsführer nach wie vor ein erhebliches Haftungsrisiko, so dass bereits dem Eintritt der rechnerischen Überschuldung durch sorgfältig vorbereitete Vereinbarungen vorgebeugt werden sollte.

Bei Rückfragen: RA Dr. Michael Bach ()

Vergabenachprüfungsverfahren: Keine Rechtsver-letzung bei nicht zuschlagsfähigem Produkt (Luca-App)

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Die Beschaffung der Luca-App im Wege der Direktvergabe war vergaberechtswidrig, da nicht mehrere Angebote eingeholt wurden, der erteilte Direktauftrag ist unwirksam. Dies hat das OLG Rostock auf die sofortige Beschwerde eines nicht berücksichtigten Bieters entschieden, da ein Zuschlag auf dessen App nicht ausgeschlossen war (OLG Rostock, Beschluss vom 11. November 2021 – 17 Verg 4/21 –, juris).

Die sofortige Beschwerde eines weiteren Bieters wies das OLG Rostock mangels Rechtsverletzung ab, da dessen App die vom Auftraggeber im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts zulässigerweise gestellten zwingenden Anforderungen im Zeitpunkt des Zuschlags nicht erfüllte. Zwar hätte die Funktionalität der App des Bieters mit geringem Aufwand nachgerüstet werden können, das damit verbundene Risiko eines Fehlschlags habe der Auftraggeber nicht tragen müssen (OLG Rostock, Beschluss vom 11. November 2021 – 17 Verg 6/21 –, juris).

Ein Nachprüfungsantrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn auf das Produkt des Antragstellers der Zuschlag erteilt werden könnte; andernfalls fehlt es an der Rechtsverletzung.

Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)

Meldepflicht für GmbHs zum Transparenzregister bis 30.06.2022!

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Sämtliche GmbHs müssen – unabhängig von der Eintragung im Handelsregister – bis zum 30.06.2022 aktiv die wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden. GmbH Geschäftsführer müssen daher zur Vermeidung von Bußgeldern prüfen, ob die erforderliche Eintragung bereits erfolgt ist und diese ggf. nachholen.

Bei Rückfragen:RA Dr. Alexander Mohr, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ()

Seit 28.05.2022: Angabe von E-Mail-Adresse ver-pflichtend und bußgeldbewehrt

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Bereits mit Gesetz vom 10.08.2021 hat der Gesetzgeber die Richtlinie (EU) 2019/2161 und damit eine Reihe neuer Verbraucherschutzvorschriften in nationales Recht umgesetzt.

Eine auf den ersten Blick unscheinbare Änderung betrifft die verpflichtende Angabe bestimmter Kontaktmöglichkeiten, u. a. durch Online-Händler, im Rahmen der Informationspflichten (Art. 246a § 1 EGBGB) und der Widerrufsbelehrung (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 EGBGB). Bislang war die Angabe von Telefaxnummern und/oder E-Mail-Adressen auf freiwilliger Basis möglich. Seit dem 28.05.2022 ist die Angabe einer E-Mail-Adresse verpflichtend, während die Angabe einer Telefaxnummer nicht länger vorgesehen ist. An Bedeutung gewinnen diese Änderungen durch die ebenfalls neu eingeführte Bußgeldandrohung (Art. 247 EGBGB). Danach können Verletzungen der o. g. Informationspflichten mit Geldbußen bis zu 50.000 € geahndet werden.

Online-Händler sollten daher die in Online-Shop und Widerrufsbelehrung angegebenen Kontaktdaten zügig überprüfen.

Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)