Sonder-Newsletter Corona-Ausbreitung IV

Mit dieser Ausgabe des Sonder-Newsletter Corona-Ausbreitung möchten wir Ihnen schwerpunktmäßig Informationen zur Bewältigung von Liquiditätsschwierigkeiten zur Verfügung stellen.

Wir wünschen Ihnen angenehme Osterfeiertage!

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwälte HEIMES & MÜLLER GbR

Trierer Straße 8-10
66111 Saarbrücken
Telefon: 0681 / 410 10
Telefax: 0681 / 410 1-279
Mail: rae@heimes-mueller.de


Inhalt:

  • I.     Datenschutzrisiken und -verstöße in der Corona-Krise
  • II.    Überprüfung Ihrer Liquiditätssituation - Verlassen Sie sich nicht auf Ihren Antrag auf Gewährung eines KfW-Kredites
  • III.   Auswirkungen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie vom 27. März 2020 auf das Sanierungs- und Insolvenzrecht
  • IV.   Anfechtungsfreistellung der Rückzahlung von Krediten, die bis zum 30.09.2020 gewährt werden, bis zum 30.09.2023
  • V.    Anfechtungsfreistellung von kongruenten Deckungen
  • VI.   Erleichterte Beschlussfassung im Umlaufverfahren in der GmbH

I. Datenschutzrisiken und -verstöße in der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie und die zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus in sämtlichen Bundesländern erlassenen Allgemeinverfügungen haben zu einschneidenden Veränderungen in den Betriebsabläufen von vielen Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen geführt. Auch wenn die Corona-Pandemie und deren unmittelbare und mittelbare wirtschaftliche Folgen berechtigter Weise im Focus von Unternehmen, Unternehmerinnen und Unternehmern stehen, darf nicht übersehen werden, dass die vielfältigen datenschutzrechtlichen Vorgaben und Verpflichtungen auch in der Krise einzuhalten sind.

So führt der Bundesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auf seiner Website aus: „Auch wenn es verständlich ist, dass die Wahrung von Datenschutzrechten aktuell eher ein nachrangiges Problem unserer Gesellschaft ist, dürfen wir nicht den Fehler machen und ausblenden, dass der Grundrechtsschutz auch und gerade in Krisenzeiten ein wesentliches Merkmal unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung darstellt, das es unter allen Umständen aufrecht zu erhalten ist. Deshalb werden die Datenschutzaufsichtsbehörden auch weiterhin ihrer Aufgabe gerecht werden darauf hinzuwirken, die Datenschutzrechte aller Betroffenen zu wahren.“ (Quelle: https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Datenschutz-Corona/Datenschutz-Corona-node.html; abgerufen am 06.04.2020, 09:38 Uhr).

Besondere Datenschutz-Risiken in der Corona-Krise

Daher gilt es auch in der Corona-Krise, die datenschutzrechtlichen Vorgaben einzuhalten und insbesondere die sich aus den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise ergebenden besonderen Risiken zu erkennen und einzudämmen. Besondere Risiken können sich insbesondere in den folgenden Fällen ergeben:

Zum IT-Sicherheit im Homeoffice finden sich Hinweise auf der Website des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik: https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Cyber-Sicherheit/Empfehlungen/HomeOffice/homeoffice_node.html.

  • Heimarbeit und mobilem Arbeiten (Homeoffice) durch Auftragsverarbeiter

    Zusätzlich zu den allgemeinen Risiken, die mit Heimarbeit und mobilem Arbeiten einhergehen, besteht für Auftragsverarbeiter (d. h. Dienstleister, die personenbezogene Daten im Auftrag verarbeiten) das Risiko, gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen mit dem Auftraggeber zu verstoßen.

    In vielen Vertragen, die zwischen Verantwortlichen als Auftraggeber und Auftragsverarbeiter als Auftragnehmer geschlossen wurden, finden sich Regelungen, nach denen der Auftragsverarbeiter die Verarbeitung der personenbezogenen Daten durch seine Mitarbeiter nicht oder nur mit Zustimmung des Auftraggebers in privaten Räumlichkeiten und/oder auf privaten Endgeräten durchführen lassen darf. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen kann u. U. dazu führen, dass der Auftraggeber zur Kündigung des Vertrags berechtigt ist bzw. eine vereinbarte Vertragsstrafe einfordern kann.

    Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragsverarbeiter, bestehende Verträge zu prüfen und im Falle einer Verlagerung von Tätigkeiten ins Homeoffice mit dem Vertragspartner abzustimmen.
     
  • Einsatz von Tools für Videokonferenzen

    Neben der Verlagerung von Arbeiten ins Homeoffice wird vermehrt auch auf den Einsatz von Tools für Videokonferenzen zurückgegriffen. Auch bei dem Einsatz solcher Tools ist darauf zu achten, dass die Vorgaben an den Datenschutz und die Datensicherheit eingehalten werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass diese Tools ausreichende Vorkehrungen zur Sicherheit der Daten (bspw. Verschlüsselung) sowie datenschutzfreundliche Voreinstellungen aufweisen. Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Anbieter solcher Tools die personenbezogenen Daten der Verwender nicht für eigene Zwecke verarbeiten.

    Wenn solche Tools eingesetzt werden sollen, müssen mit den Anbietern dieser Tools Verträge zur Auftragsverarbeitung geschlossen werden. Besonderheiten ergeben sich dann, wenn der Anbieter die betreffenden Daten außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), d. h. in einem sog. Drittland, verarbeitet; in diesen Fällen genügt der Abschluss eines „einfachen“ Vertrags zur Auftragsverarbeitung nicht.

    Darüber hinaus sind auch bei dem Einsatz von Tools für Videokonferenzen die Informationspflichten einzuhalten. Zudem sollte der Einsatz solcher Tools in den Verzeichnissen der Verarbeitungstätigkeiten aufgeführt werden.

    Der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg hat am 27.03.2020 Hinweise zum Einsatz von solchen Tools veröffentlicht: https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/datenschutzfreundliche-technische-moeglichkeiten-der-kommunikation/. Auch in der Corona FAQ-Sammlung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (Seite 4-8) finden sich Erläuterungen zu kontaktloser Kommunikation: https://datenschutz-hamburg.de/assets/pdf/Corona-FAQ.pdf.
     
  • Wahrung der Betroffenenrechte und Einhaltung der Fristen

    Besondere organisatorische Herausforderungen können sich in Bezug auf die Wahrung der Betroffenenrechte, wie bspw. das Auskunftsrecht, das Recht auf Berichtigung und das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“), ergeben. Auch in der Corona-Krise und bei nur eingeschränktem Geschäftsbetrieb bestehen die Betroffenenrechte der DS-GVO und spiegelbildlich die Verpflichtung der Verantwortlichen zur Einhaltung dieser fort.

    Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der Verantwortliche auf den Antrag eines Betroffenen (bspw. Mitarbeiter, Kunde, Lieferant, etc.) innerhalb eines Monats nach Eingang reagieren muss, d. h. entweder muss der Verantwortliche Informationen über die ergriffenen Maßnahmen zur Verfügung stellen oder über eine Fristverlängerung um weitere zwei Monate (eine Fristverlängerung ist nur ausnahmsweise möglich und gegenüber dem Betroffenen zu begründen) informieren. Diese Fristen gelten auch in der Corona-Krise, so dass ein Fristversäumnis grundsätzlich einen Datenschutzverstoß darstellt.

    Daher ist auch bei einer (Teil-)Betriebsschließung oder der Verlagerung der Tätigkeiten ins Homeoffice durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Antrage von Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung, Löschung etc. nicht nur entgegengenommen sondern auch fristgemäß bearbeitet und beantwortet werden können.
     
  • Meldung von Datenschutzverstößen und Einhaltung der Fristen

    Schließlich gelten auch in der Corona-Krise die Melde- und Benachrichtigungspflichten bei Datenschutzverstößen uneingeschränkt fort. Werden also Verstöße gegen Datenschutzvorschriften bzw. die Verletzung personenbezogener Daten (hierzu zählen auch unbefugte Zugriffe auf die IT, bspw. durch Hacking) festgestellt, dann muss unverzüglich geprüft werden, welche Abhilfemaßnahmen ergriffen werden können. Zudem muss unverzüglich geprüft werden, ob der betreffende Sachverhalt der zuständigen Datenschutzbehörde gemeldet und ob der/die Betroffene/n über die Verletzung ihrer personenbezogenen Daten informiert werden muss; bejahendenfalls sind dann die erforderlichen Meldungen und/oder Benachrichtigungen vorzunehmen.

    Kritisch ist dabei die in der DS-GVO vorgesehene Frist zur Meldung eines meldepflichtigen Datenschutzverstoßes. Danach hat der Verantwortliche einen Datenschutzverstoß (d. h. die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten) „unverzüglich und möglichst binnen 72 Stunden, nachdem ihm die Verletzung bekannt wurde“ der zuständigen Datenschutzbehörde zu melden (Art. 33 Abs. 1 DS-GVO). Bereits im normalen Geschäftsbetrieb ist es bisweilen schwierig, diese äußerst knappe Frist einzuhalten; in der Corona-Krise und den damit einhergehenden Einschränkungen und Schwierigkeiten sind diese ohnehin schon gegebenen Schwierigkeiten noch deutlich größer. Allerdings können nach Auffassung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit „pandemiebedingte Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit hier gegebenenfalls Berücksichtigung finden können“ (siehe Corona FAQ-Sammlung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Seite 4).

    Sollte eine Benachrichtigung des/der Betroffene/n erforderlich sein, dann muss diese Benachrichtigung „unverzüglich“ erfolgen. Auch wenn die DS-GVO hier keine genaue Frist angibt, sollte man bei einer Benachrichtigung dennoch keine Zeit verschwenden.

    In jedem Fall sollten auch hier geeignete organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Datenschutzverstöße nicht nur umgehend festgestellt sondern auch rechtzeitig hinsichtlich der Ergreifung geeigneter Gegenmaßnahmen sowie hinsichtlich etwaiger Melde- und Benachrichtigungspflichten geprüft werden können. Für den Fall, dass Melde- und/oder Benachrichtigungspflichten bestehen, muss zudem sichergestellt sein, dass die Meldungen und/oder Benachrichtigungen fristgemäß erstellt und auf den Weg gebracht werden.

    Werden die gesetzlichen Fristen nicht eingehalten, begründet dies einen weiteren Datenschutzverstoß.

Reaktionen der Datenschutzbehörden bei Datenschutzverstößen

Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der eingangs zitierten Aussage des Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, wonach „die Datenschutzaufsichtsbehörden auch weiterhin ihrer Aufgabe gerecht werden darauf hinzuwirken, die Datenschutzrechte aller Betroffenen zu wahren“, ist davon auszugehen, dass die Datenschutzbehörden auch in der Corona-Krise bei Datenschutzverstößen nicht untätig bleiben werden. Wie ein solches Tätigwerden im konkreten Fall aussehen wird, lässt sich indes nur schwer einschätzen und hängt zudem von der jeweiligen Landesdatenschutzbehörde ab. Soweit Bußgelder festgesetzt werden, bleibt abzuwarten, ob die Datenschutzbehörden die besonderen Auswirkungen der Corona-Krise bei der Bemessung der Bußgelder als Minderungsfaktoren angemessen berücksichtigen werden.

Auch ist derzeit nicht absehbar, wann aktuelle Datenschutzverstöße von den Datenschutzbehörden geahndet werden. Angesichts der derzeitigen Ausnahmesituation ist es denkbar, dass eine Vielzahl von (vermeintlichen) Datenschutzverstößen erst nach Aufhebung der derzeitigen Beschränkungen, d. h. im Zuge der Aufarbeitung der Corona-Krise, behandelt und geahndet werden.

Fazit: Verhinderung und Dokumentation von Datenschutzverstößen

Primäres Ziel sollte es natürlich auch in der Corona-Krise sein, die Vorgaben an den Datenschutz und die Datensicherheit einzuhalten und Datenschutzverstöße zu vermeiden. Schließlich können Datenschutzverstöße mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden, die die Folgen der Corona-Krise noch verschärfen dürften.

Sollte es dennoch zu einem Datenschutzverstoß und in der Folge zu einem Bußgeld der Datenschutzbehörde kommen, dann dürfte es sich zugunsten des Verantwortlichen auswirken, wenn und soweit der Datenschutzverstoß (zumindest mit) auf die besondere Situation der Corona-Krise und der hieraus resultierenden Einschränkungen zurückzuführen ist. Um dies gegenüber der Datenschutzbehörde darlegen zu können, sollten sämtliche Maßnahmen, die in der Corona-Krise mit Bezug zum Datenschutz und zur Datensicherheit ergriffen werden sowie etwaige Datenschutzverstößen einschließlich der unmittelbaren und mittelbaren Ursachen genauestens dokumentiert werden.

Gerne stehen wir Ihnen sowohl in der Corona-Krise als auch danach mit unser datenschutzrechtlichen Expertise zur Verfügung.

Rechtsanwalt Patrick Steinhausen, LL.M.


II. Überprüfung Ihrer Liquiditätssituation

Verlassen Sie sich nicht auf Ihren Antrag auf Gewährung eines KfW-Kredites

Wie bekannt werden KfW-Kredite nur über Ihre Hausbank und mit deren positiver Stellungnahme gewährt. Entgegen den Aussagen der Politik ist daher die Gewährung eines KfW-Kredites kein Selbstläufer und nicht selbstverständlich, sondern, wie auch die ersten Erfahrungen zeigen, mit erheblichen Problemen und Risiken belastet.

In diesem Zusammenhang darf auf einen Artikel in der letzten Ausgabe des Spiegel (Ausgabe 15 vom 04.04.2020, Seite 74) verwiesen werden. Folgender Sacherhalt: Ein im Jahre 2009 gegründetes Unternehmen erwirtschaftete bis 2017 Gewinne, das Eigenkapital 2018 belief sich auf 1,7 Mio Euro. In den Jahren 2018 und 2019 wurden Verluste von insgesamt 500.000,00 Euro erwirtschaftet. Dies veranlasste die Verantwortlichen zur Erstellung eines neuen Geschäftsmodells das Anfang des Jahres 2020 erfolgreich in Gang gesetzt wurde. Mit dem Eintritt der Corona-Krise musste das Unternehmen seine Tätigkeit zunächst einmal einstellen. Ein Antrag auf Gewährung eines KfW-Kredites wurde von der Hausbank nicht weitergeleitet, mit der Begründung das Unternehmenskonzept überzeuge nicht, im Gegenteil war der Antrag Auslöser für eine fristlose Kündigung der bestehenden Geschäftsverbindungen. Dies obwohl das Unternehmen in der Vergangenheit seinen Verbindlichkeiten stets ordnungsgemäß und überwiegend vorzeitig nachgekommen war. Darüber hinaus der Kontokorrentkredit nie voll in Anspruch genommen wurde, und auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen war und ein Cash-Guthaben von 400.000,00 Euro zu verzeichnen war.

Der vorstehende Sachverhalt sollte Sie veranlassen Ihre Position zu überdenken und zu überlegen ob es nicht Sinn macht, sich diesbezüglich eingehend beraten zu lassen. Wir bieten Ihnen in diesem Zusammenhang folgendes Konzept an:

  • Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber Ihrer Hausbank, mit dem Hinweis darauf, eine WinWin-Situation für alle Beteiligten zu schaffen und eine Zerschlagung Ihres Unternehmens deutlich unter Wert zu vermeiden.
    • Voraussetzung hierfür ist ein kaufmännisch überzeugendes Unternehmens-Konzept
    • Der Hinweis auf den Werteverfall der der Bank zur Verfügung stehenden Sicherheit im Fall der Betriebsstilllegung
    • Konzept zur Einsparung von Kosten
    • Angebot der offenen Kommunikation

Gleichzeitig sollten Sie einen Plan B erarbeiten, d. h. über die Möglichkeit einer Insolvenz in Eigenverwaltung/Einleitung Schutzschirmverfahren nachdenken.

Über die Vorteile einer solchen Vorgehensweise beraten wir Sie selbstverständlich gerne und erlauben uns im Übrigen auf den weiteren Beitrag zu den Auswirkungen des am 27.03.2020 beschlossenen Gesetzes zu verweisen.

Bei diesen Empfehlungen verbleibt es, im Gegenteil dürfte sich die Gefahr des Werteverlustes von Gegenständen des Anlagevermögens und auch von Immobilien weiter vergrößert haben.

Was Sie unbedingt beachten sollten ist der Faktor Zeit und Timing.

Liegt eine Negativentscheidung Ihrer Hausbank vor, dürfte es zu spät sein. Daher ist jetzt Handlungsbedarf zu verzeichnen

Falls unsere Ausführungen auf Ihr Interesse stoßen wollen Sie sich bitte mit uns per E-Mail in Verbindung setzen. Wir melden uns dann kurzfristig und unterbreiten Ihnen Informationen darüber, ob und inwieweit die mit unserer Beratungstätigkeit entstehenden Kosten gegebenenfalls zuschussfähig sind.

Rechtsanwalt JR Udo Gröner


III. Auswirkungen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie vom 27. März 2020 auf das Sanierungs- und Insolvenzrecht

  1.  

Der Gesetzgeber hat am 27. März 2020 das bereits in Aussicht gestellte Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie beschlossen. Mit dem Insolvenzaussetzungsgesetz wurden wesentliche Regelungen im Bereich des Insolvenzrechts getroffen, die zum 1. März 2020 Inkraft treten.

  1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis mindestens 30.09.2020
    Zwar hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Insolvenzantragstellung bei Zahlungsunfähigkeit unter bestimmten Bedingungen ausgesetzt und damit der Geschäftsführung gegebenenfalls die Gefahr des Vorwurfs einer schuldhaften Insolvenzverschleppung genommen, wobei dies eine mögliche Liquiditätskrise selbstverständlich nicht beseitigt. Die Gefahr eines Eingehungsbetruges besteht jedoch auch in dieser Situation im Falle der Zahlungsunfähigkeit nach wie vor fort.
  2. Folgen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
    Soweit die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags entsprechend den Regelungen des Gesetzes ausgesetzt ist, gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, zukünftig als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.
  3. Einschränkung der Möglichkeit der Insolvenzanfechtung
    Das Gesetz sieht ferner für den Fall, dass die Pflicht zur Insolvenzantragstellung entsprechend § 1 ausgesetzt ist, einen weitreichenden Ausschluss der Insolvenzanfechtung von Rechtshandlungen vor. Die Anfechtung von Rechtshandlungen gilt lediglich dann als fortbestehend, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet waren. Entsprechendes gilt für Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist, die Verkürzung von Zahlungszielen sowie die Gewährung von Zahlungserleichterungen.
    Weiterhin anfechtbar bleiben nach dem Gesetz inkongruente Deckungen, auf die mithin kein Anspruch bestand.
  4. Einschränkung von Gläubigerinsolvenzanträgen
    Bei zwischen dem 28. März 2020 um dem 28. Juni 2020 gestellten Gläubigerinsolvenzanträgen setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.
  5. Verlängerung der Maßnahmen
    Das Bundesjustizministerium kann durch Rechtsverordnung sowohl die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht als auch die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen bis höchstens zum 31. März 2021 verlängern, sofern dies aufgrund fortbestehender Nachfrage nach verfügbaren öffentlichen Hilfen, andauernder Finanzierungsschwierigkeiten oder sonstiger Umstände geboten erscheint.
  1.  

Durch die vorgenannten Regelungen soll zum einen der Anreiz geschaffen werden, betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrechtzuerhalten. Die Suspendierung der Insolvenzantragspflicht soll den Unternehmen Gelegenheit geben, unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfen sowie weiterer Sanierungsbemühungen eine mögliche Insolvenz abzuwenden. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll lediglich dann nicht greifen, wenn die Insolvenz nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Das Ziel der beschlossenen insolvenzrechtlichen Regelungen, die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen und zu erleichtern, die infolge der Covid-19-Pandemie insolvent geworden sind oder wirtschaftliche Schwierigkeiten erlitten haben, wird jedoch nur dann zu erreichen sein, wenn innerhalb der kurzen Zeitspanne, die seitens des Gesetzgebers bewilligt wird, ein schlüssiges Sanierungskonzept erstellt wird und gegebenenfalls auch entsprechender Vollstreckungsschutz gegenüber Gläubigern erreicht wird.

Dieses Ziel einer nachhaltigen Restrukturierung kann außergerichtlich oder möglicherweise im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, dem sogenannten Eigenverwaltungsverfahren, erfolgen, das neben den gesetzlichen Entlastungen weitere Möglichkeiten zur Beendigung von Dauerschuldverhältnissen und der Generierung von Liquidität bietet.

Gerne sind wir Ihnen bei der Beratung, der Erarbeitung entsprechender Konzepte sowie der Durchführung entsprechender Maßnahmen behilflich.

Rechtsanwalt Dr. Michael Bach


IV. Anfechtungsfreistellung der Rückzahlung von Krediten, die bis zum 30.09.2020 gewährt werden, bis zum 30.09.2023

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (BGBl. 2020, 569) bestimmt in Art. 1 (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz), § 2 Abs. 1 Nr. 2 ferner, dass soweit die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, die bis zum 30.09.2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend gilt. Dies gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen, wobei eine Besicherung für Gesellschafterdarlehen aus dem Vermögen der Gesellschaft nicht privilegiert ist. § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 44a InsO finden insoweit in Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, die bis zum 23.09.2023 beantragt werden, keine Anwendung.

Der Gesetzgeber will erreichen, dass Anfechtungsrisiken beseitigt und damit die Bereitschaft zur Gewährung von Darlehen, auch seitens der Gesellschafter, gesteigert wird.

Welche Folgen hat dies für Sie als Kreditgeber bzw. kreditgebenden Gesellschafter im Falle der späteren Insolvenz einer Gesellschaft?

  • Voraussetzung ist zunächst die Gewährung eines neuen Kredits und damit die effektive Kapitalüberlassung. Nicht erfasst sind bspw. die bloße Novation, Prolongation oder wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte, die etwa auf ein Hin- und Herzahlen hinauslaufen.
  • Die in der Folge der Gewährung eines Kredits in dem Aussetzungszeitraum, derzeit bis zum 30.09.2020, erfolgte Rückgewähr unterliegt bis zum 30.09.2023 nicht der Insolvenzanfechtung. Dies bedeutet, die Rückzahlung muss bis zum 30.09.2023 vorgenommen sein.
  • Diskutiert wird derzeit, ob diese unwiderlegbare Vermutung der fehlenden Gläubigerbenachteiligung uneingeschränkt gilt, oder sie möglicherweise bei Unlauterkeit einzuschränken ist.
  • Problematisch weiterhin: Globalzession und Sicherungsabtretung bzgl. zukünftig entstehender Forderungen
  • Im Falle der Insolvenz haben die Regelungen Auswirkungen auf Ihre Forderungen als kreditgebender Gesellschafter im o.g. Zeitraum, die zur Insolvenztabelle angemeldet werden können.

Wir beraten Sie gerne im Zusammenhang mit weiteren Fragen um die Neuregelungen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie sowie im Zusammenhang mit der Abwehr möglicher Insolvenzanfechtungsansprüche.

Rechtsanwalt Dr. Michael Bach


V. Anfechtungsfreistellung von kongruenten Deckungen

Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz bestimmt in § 2 Abs. 1 Nr. 4 ferner, dass soweit die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar sind. Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet waren. Gleiches gilt für weitere aufgezählte Einzelfälle, u.a. Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, Bestellung einer anderen als der vereinbarten Sicherheit, die Verkürzung von Zahlungsziele und die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

Diese die Anfechtungsrisiken reduzierende Regelung betrifft z.B. Vertragspartner von Dauerschuldverhältnissen und Lieferanten und soll zur Aufrechterhaltung der Vertragsbeziehung als Teil der Sanierungsbemühungen beitragen. Die Anfechtung nicht genannter inkongruenter Deckungen bleibt möglich, so dass die auf eine Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zu achten ist.

Diese Ausnahmeregelung gilt nur für Rechtshandlungen während der Aussetzung, d.h. derzeit für Rechtshandlungen bis zum 30.09.2020. Die Freistellung dieser Rechtshandlungen von der Anfechtung erfasst jedoch sämtliche zukünftige Insolvenzverfahren ohne Stichtag!

Ausgenommen sind von der Regelung der Vertragsschluss als solches, Vermögensverschiebungen und andere nicht ausdrücklich genannte Tatbestände.

Wir beraten Sie gerne im Zusammenhang mit weiteren Fragen um die Neuregelungen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie sowie im Zusammenhang mit der Abwehr möglicher Insolvenzanfechtungsansprüche.

Rechtsanwalt Dr. Michael Bach


VI. Erleichterte Beschlussfassung im Umlaufverfahren in der GmbH

Homeoffice, Abstandhalten, Social Distancing sind die Gebote der Stunde, die Reisefreiheit ist bis auf unabsehbare Zeit eingeschränkt. Die Abhaltung einer gesetzes- und satzungskonformen Gesellschafterversammlung – die gemäß § 48 Abs. 1 GmbHG dem Grunde nach ein physisches Zusammentreffen der Gesellschafter voraussetzt – kann unter diesen Umständen zu einer echten Herausforderung werden.

Der Gesetzgeber hat im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht nun Abhilfe geschaffen und erleichtert Gesellschaften die Beschlussfassung im Umlaufverfahren.

War gemäß der Bestimmung in § 48 Abs. 2 GmbHG noch die Zustimmung aller Gesellschafter zur Abstimmung im schriftlichen Verfahren erforderlich, kann die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nun auch gegen den Willen einzelner Gesellschafter erfolgen. Einzelne Gesellschafter sollen eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren nicht blockieren und die physische Gesellschafterversammlung erzwingen können, an der andere Gesellschafter wegen der aktuellen staatlichen Beschränkungen nicht teilnehmen können.

Die Abstimmung im Beschlusswege hat in Textform (E-Mail, Telefax usw.) oder durch schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen. Eine Beschlussfassung in einer Telefon- oder Videokonferenz ist hingegen nur dann zulässig, wenn die Satzung dies ausdrücklich ermöglicht. Wird der Beschluss in einer Video- oder Telefonkonferenz vorberaten, dürfen die Stimmen der Gesellschafter erst nach deren Abschluss schriftlich oder in Textform abgegeben werden.

Aber: Relevanz hat diese Neuregelung nur für Gesellschaften, die im Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung im schriftlichen Umlaufverfahren getroffen haben. Lässt der Gesellschaftsvertrag die Abstimmung im schriftlichen Umlaufverfahren nur bei Zustimmung aller Gesellschafter zu, so hat die entsprechende Satzungsbestimmung Vorrang und ein Verstoß hiergegen kann trotz der gesetzlichen Neugestaltung zu einer Nichtigkeit des Beschlusses führen. In jedem Fall empfiehlt sich eine Überprüfung, ggf. eine Anpassung der Satzungsbestimmungen.

Rechtsanwalt Matthias-Alexander Fries